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An der Südostseite der Stadt, beim Armenhaus, fand man alemannische Reihengräber mit Eisenwaffen, weitere an der Südwestseite der Stadt, mit schönen, zum Theil mit Silber eingelegten Eisenwaren, farbigen Thonperlen, mit bronzenen Ziergegenständen und Elfenbeinkämmen. Das Gesicht findet man bei allen Skeletten nach Osten gerichtet. Vom Skelet sind (nach Angaben von Dr. Kapff) gut erhalten die Schädelknochen, Humerus und die Vorderarmknochen, sodann Femur und Tibia, Wirbel- und Beckenknochen fehlen. Selbst Schädel von Kindern sind gut erhalten. Bei den männlichen Skeletten fand man regelmäßig lange Schwerter, Saxe, Speerspitzen. Die weiblichen waren leicht erkenntlich an den bronzenen Halsringen. Von 13 Schädeln gehören nach der Mittheilung von Herrn Obermedizinalrath Dr. Holder 11 dem rein germanischen Typus (unter diesen 3 der extremen dolichocephalen Form G 1 an, die beiden Mischformen sind mesocephal (Längenindex 81, 4 und 80, 2) und gehören in die sarmatische Reihe. Nach den Grabbeigaben und anatomischen Kennzeichen sind es 8 Männer, 5 über 50 und 3 über 60 Jahre, und 5 Weiber, 1 über 40, 1 über 50 und 2 über 60, 1 unbestimmt. Von zwei Männern konnte die Körpergröße bestimmt werden (nach Humerus und Femur); sie betrug 189 bis 190 cm.

Von mittelalterlichen Burgen sind außer der schon oben angeführten Honburg zu nennen: oberhalb der Papiermühle stand eine beinahe gänzlich verschwundene Burg, die „Altenburg“, nur Graben und hoher Steinwall ist von ihr zu sehen; ihr gegenüber auf dem rechten Donauthalufer gerade über Ludwigsthal stehen über dem felsigen Abhang die letzten Reste der Wasserburg, starke, aus Bruchsteinen von weißem Jurakalk mit viel Mörtel zusammengegossene Mauern, gegen die Bergseite hin schützt noch Graben und Wall von sehr bedeutender Größe.

Auf der südwestlichen Spitze des Leutenbergs zeigen sich noch die Trümmer eines etwa 20′ im Geviert haltenden Thurmes „Luginsfeld“, ohne Zweifel eines Wartthurms.

Hinter der jetzigen Kirche lag die „Burg“, außer ihr bestand ein weiteres Schloß gegen die Donau hin, da wo jetzt der Fruchtkasten steht, die Stelle heißt noch heute der „Schloßplatz“. Auch waren in der Stadt zwei Badhäuser, ein drittes lag eine halbe Stunde außerhalb, hatte eine vielbesuchte Schwefelquelle, die aber im 30jährigen Kriege eingieng, noch jetzt heißt es dort „im Badhäusle“.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0254.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)