Seite:OberamtTuttlingen0240.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Auf der dritten Glocke steht: Jo. Leonhart Rosenlecher gos mich in Constantz anno 1709. A fulgure et tempestate libera nos domine iesu christe.

Glocke 4 und 5 sind von demselben und im gleichen Jahre gegossen.

Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Hospitalpflege.

An Stelle der jetzigen stand früher eine schöne gothische, dem h. Petrus und Paulus geweihte Kirche.

Der umfangreiche Friedhof, auf dem die Martinskirche stand, liegt an der Südseite der Stadt am Seltenbach und ist mit einer Mauer umgeben, deren halbrundes Eingangsthor die Jahreszahl 1665 trägt; er ist mit schönen Denkmälern geschmückt und hat an seiner Mauer noch einige Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert, deren Inschriften jedoch zum Theil unleserlich sind. Einer zeigt Christus am Kreuz, daneben knien Mann und Frau, in Stein ausgehauen; dann der Grabstein des Johann Georg Widerholt „Ißt geboren Anno 1604 den 30. Dezember und geßtorben Anno 1677 den 13. Augußti. Gott erweck selbigen mit Frieden.“ (S. Hohentwiel.) Ferner der Grabstein eines Johann Habeltzhofer, Stadt- und Amtsschreiber, † 1700. Auch steht auf dem Friedhof an Stelle der schon genannten sehr alten Kirche ein im Jahre 1862 erbautes achteckiges Tempelchen mit einem Glockenthürmchen auf seinem flachen Zeltdach.

Die katholische Kirche wurde in den Jahren 1868–1872, am östlichen Ende der Stadt, aus Tuff- und Sandsteinen, nach dem Entwurf des Oberbauraths von Morlock, in strengem frühgothischem Stil erbaut, und zwar auf Kosten des bischöflichen Ordinariats, des Interkalarfonds, der Staatskasse, der Kapitelskasse und von Privatleuten, die Unterhaltungspflicht ruht bis jetzt auf der Baukasse. Die Kirche ist dreischiffig mit höherem von Rundfenstern erhelltem Mittelschiff und hohem, vieleckigem, in trefflichen Verhältnissen aufgeführtem Chor. Innen hat das Langhaus flache Decken, der Chor ein Rippenkreuzgewölbe, Hochaltar, Kanzel, Bänke u. s. w. sind alle im gothischen Stil gehalten, der ganze Raum macht eine sehr harmonische und edle Wirkung. Der an der Nordseite des Chores großartig angelegte Thurm ist bis jetzt nicht vollendet.

Kapellen standen früher im Thal an der Liptinger Straße, sowie unterhalb der Mattsteig.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0240.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)