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davon, daß aus den Hospital-Waldungen das nöthige Holz abgegeben wurde, welches nebst den geleisteten Spann- und Handfrohnen zu 20.000 fl. angeschlagen wurde. Sie ist in dem nüchternen kahlen Geschmack jener Tage erbaut, mit langen rechteckigen Fenstern an den Langseiten und mit einer von schwerfälligen dorischen Pilastern besetzten, mit drei rundbogigen Eingängen versehenen Schauseite gegen Süden, gegen die Poststraße hin. Der an der östlichen Langseite des im Ganzen ein großes Rechteck bildenden Gebäudes sich erhebende Thurm wurde im Jahre 1868 erhöht, geschmackvoll im romanischen Stil ausgebaut, und geht jetzt in vier mit dem Rundbogenfries belebte Giebel aus, die ein hohes vierseitiges Zeltdach tragen. Seine Höhe beträgt bis zur Spitze (Knopf) 67,89 m oder 237 württemb. Fuß. Das sehr akustische Innere der Kirche wird von zwei Reihen hoher egyptisirender Rundsäulen, zwischen welche in unschöner Weise zwei Emporen übereinander eingespannt sind, in drei gleich hohe Schiffe getheilt; an den kolossalen Kapitellen der Säulen sieht man Putten zwischen großen Akanthusblättern, die Decke ist flach und freundlich bemalt. Von Kunstwerken besitzt die Kirche einen lebensgroßen (in Holz geschnitzten) Krucifixus, ein schönes Werk von Bildhauer Zeiser in Stuttgart.

Auf dem Thurm hängen 5 Glocken, die nach dem Brand von König Friedrich aus der früheren Kirche zu Altdorf (Weingarten) und aus der Kirche auf dem Welschenberg bei Mühlheim an die Kirche geschenkt wurden. Auf der größten steht oben: Anno domini 1572 ihesus nazerenus rex iudeorum miserere nobis.

Aus dem Feur bin ich geflossen.
Joachim und Felix Folmer Gebrieder
von Bibrach haben mich zu Altdorf auf
dem Kierchhof gegossen.

Am unteren Glockenrand steht:

Do man zalt 1572 iar
dise glogg erneuert war.

her iohann hablitzel apt zu weingarten. michel miller pfarer. Adam Buler Aman zu Altdorf waren. Baltes Guldi Hans Rotenheuser Hailgepfleger. Gott geb uns Allen ain gnadreich leben.

Auf der zweitgrößten Glocke liest man in gothischen Minuskeln: Ave maria gracia plena dominus tecum. s. iohannes. matheus. lucas. marcus. anno domini 1471.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0239.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)