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„Häufeln“ heißt eine Roßbubensitte an der oberen Donau bei Mühlheim und Stetten. Wer zum erstenmal als Hirte auszieht und Vieh hinaustreibt, dem wird ein „Schaupen“ (eine Art Juppe) über den Kopf gezogen und er bekommt Prügel. Dann geht es an’s Ringen und der Stärkste wird Meister; er darf beim Heimtreiben in den Ort voranziehen, die Rosse alle hintereinander am Seile, woran das Halfter befestigt ist, nach sich ziehend. (B.)

Von verschiedenen noch anderen Gebräuchen erwähnen wir: In der Andreasnacht können die Mädchen den Stand ihres künftigen Mannes kennen lernen. Sie nehmen entweder ein Ei, thun das Gelbe heraus und schütten dann das Weiße unter Gebeten in ein Glas Wasser, wobei sie aber ganz allein im Zimmer sein müssen, oder sie schütten geschmolzenes Blei in ein Glas Wasser und schließen aus den Figuren, die das Ei oder Blei bildet, auf das Gewerbe des künftigen Geliebten. Da sieht man in dem Wasser ganz deutlich Seile, Hobel, Hämmer, Scheeren u. dgl., was dann einen Seiler, Schreiner, Schuster etc. bedeutet. Man schreibt die ganze Sache eben dem Teufel zu, und hält überhaupt den Andreasabend für einen verworfenen und unglücklichen. (Fridingen. M.)

Am Abend vor Weihnachten soll man den Platz unter dem „Obertenloch“ (Lucke) ganz rein kehren und am anderen Morgen nachsehen, welche Frucht in der Nacht herabgefallen ist, diese wird nemlich in dem folgenden Jahr ganz besonders gut gerathen. (Fridingen, M.) Auch in Wurmlingen. (B.)

Ebenfalls in Fridingen holt man am Barbaratag (4. Dez.) Zweige von allen möglichen Bäumen und stellt sie ins Wasser. Werden sie bis Weihnachten grün, so gibt es ein gutes Jahr. (M.) In der Weihnacht um 12 Uhr, der Geburtsstunde Christi, liegt alles Vieh auf den Knieen und betet. (Heuberg, Fridingen.) (M.) Zu derselben Zeit, Nachts 12 Uhr, geschah auch früher, z. B. in Fridingen, das „Schreckeläuten“, man sprang eilig zum Bett heraus, fütterte das Vieh und gieng zur Kirche. (M.) In der heiligen Nacht um 12 Uhr muß man in drei Schnitten den Bindnagel heraufwärts schneiden in den drei höchsten Namen, so kommt kein Ungeziefer in die Garben. (Wurmlingen, Tuttlingen. B.)

In Wurmlingen gehen Kinder und ältere Leute am Allerseelenabend nach dem Betläuten auf den Gottesacker, stellen sich

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0150.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)