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Canzleigelassen, sowie zum cameralamtlichen Fruchtkasten, zu 5 oberamtsgerichtlichen, 2 Stations- und 2 forstamtlichen Gefängnissen eingerichtet wurde.

Das Forstamtsgebäude, zunächst dem oberen Thore, nahe beim Schloß, war ehemals die Wohnung des Obervogtes, dann des Kellers, später des Kreishauptmanns und hierauf ein Jagdschloß des Königs Friedrich. – Das Dekanathaus, 1694 erbaut und bis 1835 der Sitz des Oberamtes, ist, sowie das Diakonathaus, nächst der Kirche gelegen. – Diese Gebäude gehören wie das Schloß dem Staate.

Die Kirche zu unserer Frau (Marienkirche, s. auch unten) ist auf einem freien ummauerten Platze, fast mitten in der Stadt an der Hauptstraße gelegen. Sie wird 1297 erstmals urkundlich genannt, da sie im dritten Jahre des Papsts Bonifacius VIII. zu Gunsten derer, welche sie an den Festen der Heiligen Basilides, Cyrinus, Nabor, Nazarius und Celsus besuchen würden, einen von 15 Erzbischöfen und Bischöfen unterschriebenen Ablaßbrief erhielt (Crusius III. 184). Ursprünglich aus Holzwerk bestehend, wurde sie, nachdem ihr zur Ausführung am 25. Mai 1465 wieder ein päpstlicher Ablaßbrief gegeben worden, 1477 von Quadersteinen neu aufgebaut. Sie hatte 3 gewölbte Schiffe, 2 Chöre, 18 große und 32 kleinere Fenster, innen 10 und außen 27 mit Bildern verzierte Pfeiler und 12 Altäre. Das Langhaus war 122′ lang, 68′ breit und 45′ hoch. Der große Chor, höher als dieses, 28′ lang und 30′ breit mit der Jahreszahl 1501, enthielt mehrere Steinbilder und ein ungemein schönes, bis zum Gewölbe reichendes, Sacramenthäuschen, gegen dessen Zerstörung bei der Reformation die Steinmetzen vergeblich Einsprache erhoben. Zu beiden Seiten stand das 1533 von Christian Schneider von Pappenheim und Michael Schreiner gemachte kunstvolle Gestühl, in welchem die Psalmen abgesungen wurden. Auch war hier der von Sebastian Schertlin 1528 der Kirche verehrte Strick aufbewahrt, womit sich Judas erhängt haben solle und den der Held in Rom erbeutet hatte.

Diese im rein germanischen Style erbaute Pfarrkirche hat hohe spitzbogige, in den Bogentheilen prachtvoll gefüllte Fenster und Strebepfeiler mit verzierten Fialen (Spitzsäulen) und Giebelblumen. Besonders sehenswerth ist der Chor, dessen Inneres ein sehr schönes, erst in neuester Zeit durch Bemalung restaurirtes Netzgewölbe ziert (s. hienach). An den oberen Gurtenkreuzungen desselben sind in der Richtung von Westen nach Osten Schlußsteine mit folgenden Darstellungen angebracht: 1) Die heilige Catharina, 2) (unkenntlich), 3) das Jesuskind mit Maria und Joseph, 4) ein Bischof, 5) Ecce homo, 6) ein Bischof, 7) Maria mit Christus und Johannes, 8) ein Bischof und 9) das Stadtwappen. An den überaus schönen Chorfenstern befinden sich an den Innenseiten reich verzierte,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Schorndorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1851, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtSchorndorf0082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)