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Garten des Apothekers. Von den drei Hauptthoren der Stadt, dem östlichen, obern, dem nördlichen, mittlern, dem westlichen, untern Thore, sowie vom Schloß aus führten eichene Brücken über den Graben, über welchen auch in 4 steinernen Kanälen ein Arm der Rems und das Brunnenwasser zur Stadt geleitet wurde. Zur Festung gehörte ferner die 1545 erbaute, 1634 abgebrannte Roßmühle mit 8 Gängen, ein Zeughaus und 3 Pulverthürme. Die Stadtmauer hatte vor 1538 23, nachher 18 Thürme, die in gleiche Form und Höhe gebracht wurden, aber schon 1580 wegen Mangels an Wohnhäusern für Ärmere zu Wohnungen eingerichtet waren. Dazu kamen noch die Thor- und Kirchen-Thürme, welche der Stadt ein so stattliches Ansehen gaben, daß sie im sechszehnten Jahrhundert von Reisenden die „Thurmstadt“ genannt ward. Auf dem Walle standen in Friedenszeiten nächtlich Wachen von 20 Mann und auf jedem Thorthurme 2 Wächter, die stündlich zwölf Glocken anschlugen. Daher hatte Schorndorf auch einen Hauptmann, einen Burgvogt im Schlosse und einen Zeugwart, später (noch 1809) einen Festungs-Kommandanten und noch in unserem Jahrhundert nicht selten eine Besatzung. Von 1803 bis 1805 lag ein Bataillon des v. Obernitz’schen Infanterie-Regiments und 1810 das Infanterie-Regiment v. Franquemont hier in Garnison. Noch unter der vorigen Regierung wurde aber die Festung aufgegeben; denn schon 1815 war die Mauer zum Theil verfallen, der Wall gesunken und mit Fruchtbäumen besetzt; von 16 Kanonen stand nur noch 1 auf demselben, und es waren nur noch 6 Gewölbe und Kasematten vorhanden. Seit 1825 wurden die Gräben ausgefüllt, die drei Thorgewölbe abgebrochen und die Eingänge durch theilweise Abtragung des Walles erweitert. Im Jahr 1832 verkaufte der Staat den Wall und Graben, soweit beide nicht das Schloß und das Forstamtsgebäude umgeben, an die Stadt (22 M. 21/2 V. 105/8 R. um 2837 fl.); das Übrige (6 M.) ist verpachtet. Die Stadtmauer ist meist abgebrochen und überbaut, die Thürme derselben sind erniedrigt und als Wohnungen benützt. Hiedurch hat Schorndorf, allerdings auf Kosten seiner alterthümlichen Zierden, an Ansehen und Salubrität gewonnen und ist der Graben um die Stadt mit seinen freundlichen Gärten und manchen hübschen Gebäuden zu einem sehr angenehmen Spaziergang umgeschaffen worden. Aber noch mehr müßte die Stadt gewinnen, wenn der Wall, wovon immerhin noch 3/4 übrig sind, ganz geebnet würde. 1

Durch Schorndorf führt die schöne, sehr lebhafte Stuttgart–Nürnberger Hauptstraße, auch münden hier die frequenten und gut erhaltenen Straßen von Göppingen, welche 1746 mit einem Aufwand von 20.000 fl. gepflastert wurde, von Welzheim, Eßlingen u. Winnenden ein. Die eigentliche Stadt besteht aus der obern und untern Stadt. Die letztere war

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Schorndorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1851, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtSchorndorf0080.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)