Seite:OberamtNeresheim0357.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Basalttuff erbaut, vertritt die Stelle des Chors und stammt aus der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts; an seiner Ostseite erhielt sich noch ein schönes kleeblattgefülltes frühgothisches Fenster. Die Mauern des Thurmes sind unten 6′ dick, seine Höhe beträgt 124′; seine oberen Geschosse sind im Zopfstil errichtet und mit einer Zwiebelkuppel bedeckt; das Schiff der Kirche 1717–1720 vom Kl. Neresheim unter Abt Amandus Fischer erbaut, ist in demselben Geschmacke gehalten und an der Decke mit einem großen, aber nichts weniger als schönen Freskobilde bemalt; auch die Kanzel und der ganz kolossale Hochaltar zeigen den reichsten und schwersten Rococo. An den Wänden der freundlichen Kirche stehen die neuen Holzfiguren der zwölf Apostel. Das Innere des Thurmes wird von hohem gothischem Rippenkreuzgewölbe überspannt. Von den beiden Glocken hat die größere als Umschrift in gothischen Minuskeln die Namen Christi und der vier Evangelisten und 1459 iar, die andere:

Et verbum carne factum est natum ex Maria virgine;

und weiter unten:

Ad honorem Dei et b. M. M. immacul. V.
fusa fui ab Joseph Arnold ex Dinkelsbiehl 1774.

Südlich an der Kirche steht eine große offene Kapelle mit den Darstellungen der Leidensgeschichte.

Auf dem Kirchhof befindet sich die Grabplatte des Dechanten Mathäus Pregel zu Kösingen, † 1596; auch wäre noch daselbst ein schöner aus tyroler Marmor in München gearbeiteter Grabstein vom Jahr 1836 zu erwähnen. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Das sehr schön und gesund beim Friedhof gelegene Pfarrhaus stammt auch aus früher Zeit; der Staat hat es jetzt zu unterhalten; 1856 wurde es auf Kosten der Fürsten von Wallerstein um 1600 fl. gründlich erneuert.

Ein Schul- und Rathhaus wurde 1847 mit einem Aufwand von 6300 fl. neuerbaut und enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters, das Gerichtszimmer, das Spritzen- und Arrestlokal.

Am Südende des Dorfes steht eine von zwei herrlichen Linden beschattete Kapelle. Im Ort selbst, da wo jetzt die Wohnung des Revierförsters, soll ein Schloß gestanden sein.

Gutes, etwas kalkhaltiges Trinkwasser liefern ein laufender Brunnen mit starker Quelle, 3 Pump- und 25 Schöpfbrunnen; zwei von letzteren geben ein besonders gutes Wasser. In trockenen Jahren versiegt die Hälfte dieser Brunnen, so daß mitunter etwas Mangel eintritt. Auf der Markung gibt es überall Quellen, nur zu viel; eine an der Straße von Kösingen nach Schweindorf gefaßte Quelle heißt die Erzwäsche; früher wurde hier auf Bohnerz gegraben, das noch jetzt in Menge sich vorfindet.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0357.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)