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Madonna und eine Pieta, dann ein trefflicher lebensgroßer Christus am Kreuz im Renaissancestil.

Auch der Dachstuhl der Kirche ist sehr bemerkenswerth.

Vor dem westlichen Eingang in die Kirche liegt die große flachgetäferte St. Stephanuskapelle, früher durchaus mit Freskogemälden geschmückt, die nun zum größten Theil übertüncht sind. Gerade vor dem in die Kirche führenden Spitzbogenportal erhebt sich ein steinerner gewölbter Baldachin auf zwei frühgothischen Säulen, und mit einer schönen Rosette als Schlußstein. Auf der Westseite des Baldachins sieht man den hl. Martin und einen Abt mit Buch und Krummstab, auf der Südseite die Anbetung der Könige; dann an der Wand der Kapelle, rechts vom Baldachin, die Krönung Mariä, die Steinigung des Stephanus und den hl. Christoph. Diese aus dem 15. Jahrhundert stammenden Fresken sind mit ziemlich flüchtigem Pinsel gemalt. In der Mitte der Kapelle liegen hart nebeneinander zwei schöne Grabdenkmäler aus Sandstein; die lebensgroßen Gestalten zweier Äbtissinnen, in der rechten Hand halten sie den Abtsstab, in der linken Buch und Rosenkranz. Am Rand umher steht: Anno domini 1535 . . . obiit domina anna margaretha abbatissa. nata de Ottingen. und Anno domini 1553 . . . obijt reverenda domina Anna abbatissa de Kirchm. nata de wellwart. Dann stehen noch außen am Chor der Kirche mehrere Grabsteine im Renaissancestil mit den lebensgroßen Gestalten der Äbtissinnen; darunter die der Maria Magdalena Geispergerin, s. auch unten S. 350. Und vor dem Chor auf der Erde liegen noch 6 weitere einfachere Grabplatten von Äbtissinnen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Auch ist an der Südseite des Chors ein der Arbeit nach römischer Widderkopf mit einem kleinen Schutzgesimse darüber eingemauert; vergl. auch unten bei dem S. Martinskirchlein.

Der südlich an der Kirche gelegene große quadratische Kreuzgang wurde in den letzten Jahren samt bedeutenden Anbauten abgerissen, er war in hübschem spätgothischem Stile gehalten, von reichen Rippengewölben übersprengt und hatte gegen Osten die schöne zweistockige St. Annakapelle. Erhalten sind nur der einst an den Kreuzgang stoßende westliche und südliche Arm des eigentlichen Klosters, jetzt als Armenhaus benützt. Der südliche Theil des Westflügels enthält aber in seinem ersten Stockwerk zwei sehr merkwürdige Räume, zugleich die ältesten der ganzen Klosteranlage. Es ist der große ursprüngliche Frauenchor, aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammend, dessen flache Holzbalkendecke auf fünf einfachen steinernen Rundsäulen ruht. In ihrer Mitte liegt ein sehr schönes Doppelgrabmal aus Sandstein, es sind die lebensgroßen liegenden schöngewandeten Gestalten zweier Schwestern mit Buch und Rosenkranz; am Rand umher steht

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0341.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)