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mit großen Fresken, hübsche Glasfenster im Chor, und drei Altäre, zwei im Zopfstil und den Hochaltar in neu gothischem Geschmack. Der an der Südseite sich erhebende vierstockige, 95′ hohe Thurm ist in seinen beiden untern Geschossen noch alt, die beiden obern sind im Zopfstil gehalten, gehen vom Viereck in’s Achteck über und tragen eine Zwiebelkuppel. Von den drei Glocken trägt die größte in sehr schönen altgothischen Majuskeln die Namen der vier Evangelisten; auf der zweiten steht: C. K. Klein in Nördlingen 1864; auf der dritten: Commende Kapfenburg. Anno 1672. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Zunächst (nördlich) der Kirche liegt das freundliche Pfarrhaus mit hübschem Garten und freier Aussicht gegen das Ries; die Unterhaltung desselben hat die Stiftungspflege. Das 1845 neu erbaute Schulhaus enthält nur ein Lehrzimmer; die Wohnung des Schulmeisters befindet sich im Meßnerhaus, das vor drei Jahren erneuert wurde. Das Rathhaus wurde 1829 erbaut; die eine Hälfte desselben dient als Armenhaus.

Mit nicht besonders gutem Trinkwasser ist der Ort hinlänglich versehen; bei jedem Haus ist ein Zieh- oder ein Pumpbrunnen angelegt und überdieß bestehen zwei Wetten, auch kann in Nothfällen der durch den Ort fließende Bach in verschiedene Theile des Dorfs geleitet werden. Ein kleiner Weiher liegt südlich vom Ort und bei der Edelmühle bestand früher ein 24 Morgen großer Weiher, der jetzt bis auf 15/8 Morgen trocken gelegt und in Wiesengrund umgewandelt ist. Außer dem schon angeführten Kirchbach berührt noch der Aalbach auf eine größere Strecke die nördliche Markungsgrenze.

Die Einwohner sind geordnet, fleißig, körperlich kräftig und in guten Vermögensumständen; der vermöglichste Bürger besitzt 125 Morgen Grundeigenthum, der sog. Mittelmann 30 Morgen und die minder bemittelte Klasse 5–6 Morgen. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe nur den örtlichen Bedürfnissen dienen; am stärksten vertreten sind die Leineweber, welche übrigens den Sommer über meist als Maurer arbeiten. Eine Schildwirthschaft mit Brauerei und ein Kramladen sind vorhanden.

Die mittelgroße Markung hat eine flachwellige Lage und einen mittelfruchtbaren, meist aus Lehm bestehenden, düngerbedürftigen, etwas naßkalten Boden, der in trockenen Jahrgängen mehr Ertrag liefert als in nassen. Lehmgruben sind mehrere vorhanden.

Das Klima ist ziemlich gemäßigt, doch die Luft etwas scharf und der Obstzucht nicht zuträglich; Hagelschlag kommt selten vor, weil Baldern und der Ipf günstige Wetterscheiden bilden. Die Ernte tritt, wie im ganzen hinteren Ries, um Jakobi ein.

Die Landwirthschaft wird unter Anwendung verbesserter Ackergeräthe und tüchtiger Düngungsmittel gut und emsig betrieben; man

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0332.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)