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Tonnengewölbe bedeckten Thorweg in den Burghof und hier hat man nun zur Linken (südlich) das geräumige Steinhaus, Herrenhaus, mit dem hochaufsteigenden Bergfried, während gegen Norden ein schmales Nebengebäude sich anlehnt und gerade vor sich (im Westen) sieht man nur die hohe Ringmauer mit ihrem Umlauf; während gegen Osten sich alte aber veränderte Nebengebäude an der Ringmauer erheben, zwischen denen sich die ursprüngliche (romanische) Schloßkapelle erhalten hat. Diese, dem h. Laurentius geweiht, tritt mit ihrer halbrunden Abside außen an der Ostseite des Schlosses hervor. Das zierliche Rundbogenfensterchen der Abside ist jetzt vermauert, doch erhielten sich noch Theile ihres ursprünglichen halbkegelförmigen Steindaches. Innen hat die Kapelle noch die alten romanischen Kämpfer und ein schönes Altärchen im Rococostil. 1

Das eigentliche Steinhaus enthält unten eine tiefe rechteckige Halle, übersprengt von zwei Tonnengewölben, die auf zwei viereckigen durch Rundbögen verbundenen Steinpfeilern ruhen; hinten stößt die Halle an den natürlichen Felsen und besitzt hier einen runden Ziehbrunnen; auch erblickt man in ihr einen alten steinernen Kaminschoos. Die Formen sind romanisch und gehen in’s 12. Jahrhundert zurück. Das zweite Stockwerk enthält einen Saal, der sich gegen Westen und Norden (hier gegen den Hof) mit sehr schmalen und zierlichen, schon etwas spitzbogigen Doppelfenstern öffnet, die zum Theil von einer Würfelknaufsäule getheilt sind. Als das merkwürdigste der ganzen Burg aber erhebt sich an der Südostecke des Steinhauses der aus großen Buckelquadern (Trachyt) aufgeführte Thurm (der Katzenthurm), viereckig, über 60′ hoch und mit 8–10′ dicken Mauern. Gegen außen scheint er ganz mit seiner felsigen Grundlage verwachsen zu sein; den alten rundbogigen Eingang hatte er, wie alle diese Thürme, etwa 25′ über der Erdfläche und in der südwestlichen Ecke seines mittleren Stockwerks enthält er einen großen romanischen Kamin: zwischen zwei Würfelknaufsäulen tritt eine halbrunde Nische von 4′ im Durchmesser zurück, von einem zuckerhutförmigen steinernen Kaminschoße bedeckt, dessen Anfänger auf hohen, von den zwei Säulen unterstützten Kämpfern ruhen. An der Schräge des linken dieser Kämpfer sieht man derb eingeritzt eine Katze und davor eine Lilie, die Katze jedenfalls das Wappenzeichen der Herren von Katzenstein, und gerade über dem Kapitell der linken Säule neben der Lilie noch Reste eines halberhabenen Menschenkopfes. Die beiden Säulen haben an ihren Würfelknäufen verzierte Schildchen, und an ihren steilen attischen Füßchen strenge Eckknollen. Der Stil des Kamins weist in den Anfang oder die Mitte des 12. Jahrhunderts. Gegen oben trägt der Thurm einen Kranz von Kragsteinen und endigt in ein später unter den Grafen von Baldern aufgesetztes Geschoß mit Satteldach, dessen beide Giebel mit luftigen Zinnenzacken versehen sind.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0309.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)