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Eine Viertelstunde südlich vom Ort an der Straße nach Ballmertshofen steht im Schatten ehrwürdiger Linden die hübsche, im Jahre 1666 erbaute, 1758 erneuerte Kapelle zu den Vierzehn Nothhelfern, mit einer päpstlich bestätigten Wallfahrt, sie enthält ein Vesperbild vom Jahre 1757. Ihr Gründer war der Graf Schenk von Castell, der nach dem Vorbilde der berühmten Wallfahrt im Cisterzienser-Kloster Langheim solche Wallfahrt auch an die Egau verpflanzen wollte. Papst Alexander VII. bestätigte diese Wallfahrt. In den Jahren 1706 und 1758 wurde die Kapelle erneuert und mit einem Glöcklein versehen. Hauptwohlthäter waren die Fürstin Amalia Henriette von Taxis, sowie Philipp Gutinger von Dillingen, ein geborener Dischinger. Am Wege nach Schloß Taxis befindet sich ein Kalvarienberg.

Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend zwei laufende, mehrere Pump- und einige Schöpfbrunnen; fast jeder Bürger hat seinen Brunnen vor dem Hause; die laufenden geben besonders gutes Wasser; auch die Markung hat viele und gute Quellen, die bedeutendste entspringt oberhalb der eine halbe Viertelstunde südlich vom Ort entfernten Obermühle. Es bestehen zwei Wasserleitungen, meist in hölzernen Deucheln und eine Strecke lang auch in eisernen Röhren. Hungerbrunnen kommen in nassen Jahrgängen vor. Das über die Markung fließende Egauflüßchen richtet zu Zeiten, namentlich auch im Ort selbst, beträchtlichen Schaden an.

Die Vicinalstraße von Neresheim nach Ballmertshofen und in’s Bayerische führt hier durch, sodann eine von hier nach Fleinheim, (und weiter nach Heidenheim).

Zwei hölzerne Brücken und zwei Stege gehen über die Egau; sie sind von der Gemeinde zu unterhalten.

Die Vermögensumstände gehören zu den mittleren, von den einigen Vermöglichen besitzt der Begütertste 140, die Mittelklasse, etwa die Hälfte der Bürger, 8–18 Morgen, viele haben gar kein Grundeigenthum.

Die rührigen und aufgeweckten Einwohner sind körperlich wohlgestaltet und erreichen nicht selten ein hohes Alter; gegenwärtig sind zwei über 80 Jahre alt; ihre Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau, Viehzucht und Gewerben. Die gewöhnlichen Handwerker sind beinahe alle vertreten und unter diesen am zahlreichsten die Maurer und Zimmerleute, die, wie auch einige Schlosser, Gerber und Färber, häufig nach außen arbeiten; die meisten treiben nebenbei auch etwas Landwirthschaft, während die eigentlichen Bauern, die ausschließlich von der Landwirthschaft leben, die Minderzahl bilden. Drei mit Bierbrauereien verbundene Schildwirthschaften und vier Kramläden sind vorhanden. Mit gutem Erfolg werden drei Ziegeleien betrieben und außerhalb des Orts befinden sich zwei Mühlen mit je zwei Mahlgängen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0261.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)