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weitere Bäche, die sich bald vereinigen und alsdann den Namen Brühlgrabenbach erhalten. Etwa 1/4 Stunde nördlich vom Ort lag der abgegangene, nun in Wiesengrund umgewandelte Klosterweiher.

Die körperlich kräftigen Einwohner sind geordnet und treiben vorzugsweise Feldbau, während die Gewerbe nur den allernöthigsten Bedürfnissen dienen; eine Schildwirthschaft ist vorhanden. Die Vermögensverhältnisse sind im allgemeinen mittelgut; der vermöglichste Bürger besitzt 100 Morgen, der sog. Mittelmann 20–25 Morgen und die unbemittelte Klasse 1–3 Morgen Grundeigenthum.

Die mittelgroße, mit Ausnahme der Ödungen, ganz für den Feldbau benützte Markung hat eine kräftig wellige mit einigen kleinen Thälchen durchfurchte Lage und einen sehr fruchtbaren, etwas schweren Boden, der theils aus Lehm und Mergel, theils aus den Zersetzungen des weißen Jura besteht und in trockenen Jahrgängen ergiebiger ist als in nassen. Ein Steinbruch im weißen Jurakalk ist für Straßenmaterial angelegt; er gehört theilweise der Gemeinde und trägt dieser etwa 40 fl. jährlich ein. Das Klima ist ziemlich mild und Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe gut und fleißig betrieben; zum Anbau kommen Dinkel, Haber, Gerste, Roggen, viel Kartoffeln und Ackerbohnen, weniger Erbsen, ziemlich viel Futterkräuter und Flachs, welch letzterer sehr gut gedeiht, aber meist im Ort verbraucht wird. Der Verkauf von Getreidefrüchten, namentlich Gerste, ist sehr beträchtlich. Der ausgedehnte Wiesenbau liefert gutes Futter. Mit vielem Fleiß betreibt man die Obstzucht und sieht dabei hauptsächlich auf spät blühende rauhere Mostsorten und Zwetschgen. Der Obstertrag wird im Ort verbraucht. Die Schafweide auf Allmanden wird nebst der Brach- und Stoppelweide an einen fremden Schäfer um 5–600 fl. jährlich verliehen; den Pferch benützen die Ortsbürger unentgeltlich.

Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde gering, die des Rindviehs aber gut; man züchtet die sog. Rieserrace und hat einen Farren von gleicher Race aufgestellt. Im Spätjahr wird das Vieh noch ausgetrieben. Der Handel mit Vieh ist nicht bedeutend. Schafzucht treibt nur ein Landwirth, der 100 Stück Bastarde auf auswärtigen Markungen laufen läßt. Von Bedeutung ist die Geflügelzucht, namentlich die Gänsezucht; es wird ein namhafter Handel mit Gänsen, besonders mit gemästeten, getrieben.

Als besondere Stiftung ist zu nennen die von Pfarrer Fischer herrührende Armenstiftung von 3000 fl.

Von Spuren aus der Vorzeit haben wir anzuführen: eine Römerstraße von Nördlingen nach Zipplingen lief über den nordöstlichen Theil der Markung; zunächst an derselben, etwa 1/4 Stunde nordöstlich vom Ort, kommt die Flurbenennung „Birken“, d. i. Bürgen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0257.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)