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Bezirksbewohner den übrigen Schwaben nicht nach und es geben die meisten Schulen ein rühmliches Zeugniß von leichter Fassungsgabe und dem Fleiß der Kinder. Musikalische Anlagen finden sich auf dem Herdtfeld weit häufiger als im Ries; die Orte Neresheim, Katzenstein, Dunstelkingen, Dischingen und besonders Dorfmerkingen stehen hier voran, letzteres durch die große Anzahl seiner Musikanten und namentlich dadurch, daß dasselbe die Heimath von zwei bekannten Virtuosen, der Brüder Beerhalter, ist. Die „Pfeiffer“ von Ebnat waren ehedem weit hin bekannt.

Von Volksbelustigungen, Sitten und Gebräuchen nennen wir in erster Linie das allgemein übliche Kegelschieben, das Schießen bei Taufen und Hochzeiten; auch das Scheibenschießen wird in einigen Orten getrieben. Der Tanz an Hochzeiten und Kirchweihen ist noch ziemlich allgemein, während der früher allgemein übliche Huttanz nur noch in einzelnen Ortschaften, wie in Frickingen, Kösingen, Ohmenheim, Unter-Riffingen etc. abgehalten wird. Bei dem Huttanz wird von den Ledigen ein Hut und ein Tuch aufgehängt, um die je ein Paar tanzt; neben wird eine geladene Pistole mittelst langsam brennenden Luntens angezündet und wenn der Schuß endlich losgeht, dann trägt das gerade um die ausgehängten Preise tanzende Paar den Sieg davon, der Bursche den Hut, das Mädchen das Tuch. In Hülen wird Hut und Tuch jetzt herausgewürfelt. In Dorfmerkingen wird der sog. Katharinentanz 8 Tage nach der Kirchweih abgehalten. Das Pfingstreiten, das Eierlesen und die Johannisfeuer, welche letztere früher auf dem Ipf angezündet wurden, sind abgegangen.

Die Taufen werden einfach gehalten; Gevatterleute und Verwandte haben dabei ihr Mahl. Nach 8–14 Tagen wird die sog. „Schenk“ gehalten, wobei diejenigen, welche an dem Taufschmauß sich betheiligten, der Wöchnerin Geschenke bringen. Die Herdtfelder und Rieser haben wenig Abwechslung in den Namen ihrer Kinder, jedes Haus muß seinen Joseph und Johannes, seine Maria oder Anna haben; auf einen Namen aus der Verwandtschaft wird sehr gesehen.

Die Hochzeiten werden sämtlich im Wirthshaus gehalten. Nach der zweiten Verkündigung wird zur Hochzeit geladen, früher von dem Schulmeister und dem Bräutigam, jetzt von dem Bräutigam mit einem Verwandten oder Freund, beide sind mit Rosmarinstrauß und farbigen Bändern im Knopfloch geziert. Die nächsten Anverwandten werden von dem Brautpaar selbst geladen. Am Heirathstag, „Ansing,“ kommt die Verwandtschaft des Bräutigams in seinem Haus oder im Wirthshaus zusammen und schmaust auf seine Kosten in fröhlicher Laune, wobei meist auch gesungen wird. Bei der Hochzeit versammelt sich sodann die Gesellschaft im Gasthaus, wo sie vom Geistlichen im Zuge abgeholt wird; nicht selten mit Musik bis zur Kirchthüre und wieder zurück. Mit dem Hochzeitszug gehen nicht nur die Anverwandten und Freunde, sondern

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)