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wetterfeste um so mehr. Schon in früher Jugend werden die Kinder zu Haus- und Feldgeschäften vielfältig herangezogen, was der Entwicklung von schönen gefälligen Körperformen gerade nicht günstig ist, daher sehen auch die Leute in der Mehrzahl etwas älter aus als sie wirklich sind.

Nach einer 24jährigen Durchschnittsberechnung von den Jahren 1834–1857 waren in dem Bezirk unter 100 Konscriptionspflichtigen 9,39 wegen mangelnder Körpergröße untüchtig, so daß derselbe unter den 64 Oberämtern des Landes die 30. Stelle einnimmt und somit zu den mittelgünstigen gehört (die günstigsten Verhältnisse lieferte Wangen mit 4,22, die ungünstigsten Weinsberg mit 18,83). Wegen Gebrechen waren unter 100 Pflichtigen 38,82 untüchtig, so daß in dieser Beziehung der Bezirk unter den 64 Oberämtern die 20. Stelle einnimmt und somit zu den günstigen gehört (die günstigsten Ergebnisse lieferte Saulgau mit 32,99 und die ungünstigsten Sulz mit 49,78). Überhaupt untüchtig waren 48,21, so daß in dieser Beziehung der Bezirk die 23. Stelle einnimmt (die günstigsten Resultate lieferte Saulgau mit 37,76, die ungünstigsten Freudenstadt mit 63,86). Unter sämtlichen der ärztlichen Visitation unterworfenen Konscripirten (von 1834–57: 3323) waren 312 wegen mangelnder Größe, 1290 wegen Gebrechen, im Ganzen 1602 untüchtig (s. Württ. Jahrb. 1857, Heft I. Seite 157 und 158). Von 364 Konscripirten waren im Jahr 1870 212 tüchtig.

Was die Gesundheitsverhältnisse betrifft, so sind geschlechtliche Krankheiten sehr selten und in der Regel von Außen eingeschleppt; ebenso verhält es sich mit der Krätze und andern Hautkrankheiten. Die scharfe, reine Luft ist der Entwicklung von endemischen und epidemischen Krankheiten nicht günstig. Hauptsächlich finden sich Erkrankungen der Athmungs- und Verdauungsorgane, wie Katarrhe der Luftwege, Bronchiten, Brustfell- und Lungenentzündungen, Magenkatarrhe und im hohen Sommer Durchfälle. Rheumatismen sind nicht selten, Croupfälle nicht häufig, dagegen hat sich in den letzten Jahren Diphtheritis in manchen Orten eingestellt. Schwindsuchten und Scropheln kommen nicht häufig vor, Typhus meist vereinzelt, selten in größeren Epidemien, in wenigen Orten nur einigemal in 12 Jahren, dagegen trat in Utzmemmingen im Jahr 1866 eine Cholera-Epidemie auf, die ziemliche Ausdehnung gewann, jedoch von außen eingeschleppt wurde. Die Blattern kamen mehreremal zum Vorschein, immer aber von auswärtigen Orten eingeschleppt. Kretinismus und die damit verbundenen Kröpfe fehlen im Bezirk. Hohe Lebensalter gehören nicht zu den Seltenheiten und Leute von 80–90 Jahren trifft man bei verhältnißmäßiger körperlicher und geistiger Rüstigkeit in vielen Orten. Dagegen ist die Sterblichkeit der Kinder in den ersten Lebensjahren immer eine große, was seinen Grund theils in der

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0080.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)