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Als Graf Wolfgang 1545 kinderlos gestorben und in der Pfarrkirche zu Weikersheim beigesetzt war, fielen seine Besitzungen dem Hause heim und seine Stammesvetter wurden am 24. Dezbr. 1546 mit den von ihm hinterlassenen Reichslehen belehnt. Da bald auch andere Todesfälle in der Familie eintraten, erhoben sich Streitigkeiten über die Theilung, welche endlich 1555 durch Herzog Christoph von Württemberg als kaiserlichen Kommissär dahin vertragen wurden, daß Schillingsfürst und Weikersheim in zwei gleiche Theile zerlegt und die Wahl zwischen beiden Ludwig Kasimir gelassen wurde. Letzterer entschied sich für Weikersheim, und so fand das Zusammengehören dieses Stammsitzes mit Schillingsfürst sein Ende. 1

Ludwig Kasimirs ältester Sohn Albrecht residirte zu Weikersheim, starb aber, erst 32 Jahre alt, kinderlos. Sein jüngerer Bruder, Graf Wolfgang II., geboren 1546, „eines der ausgezeichnetsten Häupter des Hauses und ein Mann, der auf der Höhe seiner Zeit stand“, residirte erst in Langenburg gemeinschaftlich mit seinem Bruder Friedrich, in Folge einer Theilung aber verlegte er 1587 seine Residenz nach Weikersheim, wo einige Jahre darauf, nachdem es die Mittel gestatteten, beträchtliche Bauten zur Erweiterung und Verschönerung ins Werk gesetzt wurden. Das Schloß hieß, wahrscheinlich als sog. Sonnenbau, von Alters her Orient. Ein Werkmeister in Stuttgart, der in Bauwesen mit Hängewerken Erfahrung besaß, Elias Gunzenhauser, welchem auf Graf Wolfgangs Ansuchen der Herzog Urlaub gab, führte im mittleren Flügel des Schlosses den großen Saal auf, 25 Fuß hoch, über 100 Fuß lang und 36 breit, alles ohne Säulen, und darüber 3 Kornböden eingerichtet werden sollten. Der Plan war von dem Würzburger Baumeister Beringer gefertigt, dessen Dienste der Bischof Julius dem Grafen zur Verfügung stellte, aber, selbst ein baulustiger Herr, bald wieder zurückzog. Beringer hatte von Zeit zu Zeit nach Weikersheim zu kommen und die Oberleitung des Baus zu führen. Für alle Mühe, die Reisen eingeschlossen, erhielt derselbe jährlich 70 Gulden baar, 6 Malter Korn, Tuch zu einem Mantel, eine gegerbte Hirschhaut, während des Aufenthalts in Weikersheim Kost bei Hof und Fütterung für sein Pferd. Des Werkmeisters wie des Baumeisters Name wurde dem Grundstein einverleibt. Als Steinhauer diente dem Grafen Meister Servatius. Die Wappen im Saal sind von einem Maler aus Nördlingen, Friedr. Seefried, gefertigt, die Stuckarbeiter („Kalkschneider“)

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 801. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0801.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)