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Mitten im Schloßhof steht ein laufender Brunnen aus der Rococozeit; auf der Brunnensäule hält ein Löwe den hohenlohischen Wappenschild.

Das Innere des Schlosses. Unten gewölbte Korridore und Räume, bei der Südwestecke ein weiter sehenswerther Raum, dessen vier hohe Kreuzgewölbe auf stämmiger Steinsäule ruhen. In dieser Ecke führt auch der weite Wendeltreppenthurm hinauf in die oberen Stockwerke; eine prächtig weite, frei aufgewundene steinerne Wendeltreppe, oben an der Stuckdecke mit dem kolossalen Wappen der Hohenlohe in einem Fruchtkranz; dabei die Jahreszahl 1598.

Betreten wir nun den großen Saal, das höchste Prachtstück des Schlosses. Ein Baumeister aus Stuttgart, Elias Gunzenhauser, dem sein Herr, der Herzog, Urlaub gab, und der in Bauwerken mit Hängewerken Erfahrung besaß, führte ihn aus, er ist 16 Schritt breit, 48 Schritt lang, 25–26 Fuß hoch, alles ohne Säulen. Seine ebene hölzerne Decke ist in große achteckige und kleine quadratische Felder getheilt, welche gemalte Jagdscenen enthalten; die Landschaften daran sind das Beste. Im mittlern Feld stellte sich der Maler selbst mitten im Getümmel einer Parforcejagd mit Pinsel und Palette dar; auch hängt in der Mitte hier ein sehr schöner Messing-Luster herab. Die beiden Schmalseiten des Saales zeigen riesige fast überladene Werke der Skulptur. Ein prachtvolles Portal führt von Osten herein, zu seinen Seiten bauen sich zweistockig empor Pilaster mit den freivortretenden Gestalten nackter Männer und gerüsteter Krieger. Darüber ein Schlachtrelief, dann die hohenlohischen Leoparden, zwischen denen Sankt Georg den Lindwurm tödtet. Über dem Ganzen das Orchester (Musikertribüne), deren Geländer von durchbrochenen Akanthusranken gebildet wird. Die ebenso aufgebaute andere (westliche) Schmalseite mit mächtigem Kamin hat im Fries eine Türkenschlacht, ungemein lebendig, darüber Salomos Urtheil und eine Belagerungsscene. Hier zu beiden Seiten ein Stammbaum der Familie, je aus der kolossalen liegenden Reliefgestalt eines Stammvaters hervorwachsend. An den Langwänden sieht man in Öl gemalt Ahnenbilder in langer Reihe und zwischen den unteren und oberen Fenstern ragen Figuren von Jagdthieren aller Art, mit ächten Geweihen, mit halbem Leib aus den Wänden heraus. Die Malereien am Fußgetäfel der Wände stammen erst aus dem Jahr 1747 und stellen in jetzt verblichenen Bildern dar die

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0788.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)