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Zugleich steigt hinter dem zweiten Thore das Schloß mit sehr hohem Rundthurm rechts, links mit einem der schönen vielformigen Renaissancegiebel empor; und zu beiden Seiten sieht man hinab in den breiten gemauerten Graben, schön bebuscht mit Erlen und Akazien und an der nach dem Eintretenden gewandten Seite ganz mit Epheu bewachsen, der mit seinen Ranken einen rechts vom zweiten Thor in den Graben vortretenden Thurm ganz überschlungen hat, so daß nur noch dessen geschiefertes Zwiebeldach aus dem Grün hinausragt. Hohe Baumgruppen schließen zu beiden Seiten die schönen Blicke in den Burggraben. – Den zweiten interessanten An- und Durchblick hat man im Schloßhof, vor sich das Schloß mit der kräftig schönen Arkadenreihe davor, und durch den Durchgang blickt man weit hin zum Schloßgarten, der uns hinauslockt durch den langen Thorweg des Schlosses auf die Terrasse. Hier umfaßt das Auge mit einemmal die ganze Form und Schönheit des Gartens, der mit seinen Bildsäulen und Blumenbeeten an italienische Gärten erinnert und sich wirksam prächtig mit jener luftigen Säulenhalle abschließt.

Betrachten wir das Schloß näher. Vom Marktplatz aus herkommend leitet uns zu beiden Seiten ein sich im Viertelskreis einrundendes Nebengebäude mit Arkaden zum ersten nicht überdeckten Thor, an dem auf zwei Freipfeilern die Statue der richtenden und die der vollziehenden Justitia stehen; dann geht es auf der steinernen vom Grafen Karl Ludwig erbauten Brücke über den Graben zum ersten eigentlichen Thorbau mit prächtigem Portal, angefertigt in schwerer Spätrenaissance um das Jahr 1680, im Giebel das Wappen des Siegfried von Hohenlohe und seiner Gemahlin (s. u.) und die Inschrift H. W. Pietatem. Das Portal selbst ist in derber Rustika gehalten mit großer Maske im Schlußstein, nach Art jener Würzburger Thore. Eine kreuzgewölbte Thorhalle mit drei Jochen, links mit einer Rundbogenpforte, an der eine Schlußsteinfratze sowie die Jahreszahl 1679, führt weiter unter diesem zweiten Vorgebäude, an dessen Rückseite über dem Portal (auch mit Schlußsteinmaske) eine hübsche steinerne Renaissancetafel erscheint, worauf das Wappen des Baumeisters (ein aufrechter Löwe, über dessen Leib wagrecht ein Band mit drei Sternen geht) und folgende Inschrift zu sehen ist:

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 784. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0784.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)