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bald nach dem Beginn oder Aufbau des Thurmes angefügt wurden. Die Schallfenster desselben sind sehr schön, durch Säulen, darunter zwei achteckige, in der Mitte getheilt; ihre Kapitelle sind mit prächtigen Blättern umhüllt, und tragen viereckige mit Rosetten oder Masken belebte Aufsätze. Von den drei Glocken trägt die größte die Umschrift in altgothischen Majuskeln: Matheus. Marcus. Lucas. Johannes. Maria. Osanna. Die zweite Glocke ist gegossen 1858 von König in Langenburg, die dritte umgegossen von demselben 1842. Innen am Triumphbogen der Kirche ist ein Grabstein mit den knieenden Gestalten des Hohenl. Pfarrers Simon Matthes Schiller, † 10. Okt. 1663, und seiner Frau Anna Barbara, geb. Welschin, † 26. Dec. 1655. Die nördlich an den Thurm gebaute Sakristei hat ein Tonnengewölbe, ihre Thüre zeigt ein sehr schönes gothisches Schmideisenbeschläg. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege. Der Friedhof wurde 1835 außerhalb des Ortes angelegt.

Das vom Staat zu unterhaltende freundliche Pfarrhaus liegt bei der Kirche, und hat hinter sich den schön terrassirten Pfarrgarten, oben eine Linde mit angenehmer Aussicht in das weite grüne Tauberthal. Hinter der Kirche d. h. dem ummauerten Kirchhof und dem Pfarrgarten, überhaupt so weit der Klosterberg reicht, läuft ein Graben, der sich noch weiter mit einem Wall am Dorf hinzieht und es einst umfaßte. Der Ort hatte zwei Thore, das obere und das untere Thor, gegen Süden und Westen war er durch die Tauber und den Nassauer Bach gedeckt. Die frühere Straße gieng westlich am Kloster vorbei, jetzt führt sie mitten durch dasselbe.

Die schmucklosen Kloster-Gebäulichkeiten, mit Bierbrauerei, Scheunen und einem Wirthschaftsgebäude u. s. w., liegen um einen großen viereckigen Hof mit prächtiger Linde; ostwärts der große noch ummauerte Klostergarten. Die Gebäude sind im Besitz von Hohenlohe-Langenburg, welches auf der Markung 436 Morgen Wald, 61/8 Morgen Gärten, 154 Morgen Äcker und 52 Morgen Wiesen besitzt. Die Klosterkirche ist vollständig verschwunden; aber vor einigen Jahren, im Sommer 1874, fand man in einer Scheune im Boden ein schön gearbeitetes Grabdenkmal und Gebeine eines starken Mannes, jetzt im Weikersheimer Schloß aufbewahrt (s. u.). Darauf ist in hoch erhabener Arbeit und in Lebensgröße dargestellt ein stattlicher Ritter mit Harnisch, Kettenpanzerkragen um den Hals und wohlgefälteltem

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 718. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0718.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)