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gothischen Stil, die Rippen ruhen auf Blätter-Konsolen; im Schlußstein das Deutschordenskreuz. Die drei ansprechenden Altäre und die Kanzel samt Schalldeckel wurden 1867 von Maintel in Horb gefertigt. Im halbrunden Triumphbogen ein schöner, schlanker, lebensgroßer und lebenswahrer Crucifixus, in Holz aus der Renaissancezeit. Der auf der Kirche sitzende achteckige Dachreiter trägt 3 neuere Glocken, die größte 1868 gegossen von König in Langenburg. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der ummauerte Friedhof geht um die Kirche; an seiner Mauer steht ein älterer Grabstein mit Christus am Kreuz. Man hat von hier aus einen schönen Blick in’s Tauberthal, bis Königshofen und Bischofsheim, und an den Spessart.

Im Filial Schönbühl besteht eine 1739 von Bauer Caspar Müller auf seine Kosten erbaute Kapelle zur Privatandacht.

Das Pfarrhaus, mit zwei Morgen großem Pfarrgarten, 1652 eingerichtet und später um ein Stockwerk erhöht, ist zu 2/3 vom Staat und 1/3 von der Gemeinde zu unterhalten.

Das früher sehr alterthümliche Schulhaus wurde 1859 umgebaut und enthält neben einem sehr geräumigen Schulzimmer die Wohnung des Schulmeisters. Auch eine Industrieschule besteht. Rathhaus besteht keines, es sind zwei Zimmer im Lamm gemiethet. Im Schafhaus ist auch Raum für Armenwohnungen.

Trinkwasser liefern stets hinreichend 4 laufende, ein Schöpf- und 18 Pumpbrunnen; bei regnischer Witterung wird das Wasser trüb, bläulich und bekommt einen starken kalkigen Bodensatz; 1876 wurde in der Mitte des Orts eine Wette angelegt. Die Markung ist nicht quellenreich; früher waren in unmittelbarer Nähe des Orts zwei künstlich angelegte je einen Morgen große Weiher, jetzt Wiesengrund.

Vicinalstraßen führen von hier nach Herbsthausen, und über Dörtel nach Wachbach oder in die Staatsstraße von Herbsthausen nach Mergentheim.

Bezüglich der Vermögensverhältnisse zählt der Ort zu den ersten Gemeinden des Oberamts. Der größte Grundbesitzer hat 100 Morgen, der Mittelmann 50, die ärmere Klasse 10–16 Morgen Feld; etwa die Hälfte der Güter liegen auf angrenzenden Markungen. Haupterwerbsmittel sind Feldbau, Viehzucht, Obstzucht und etwas Weinbau. Gewerbetreibende gibt es wenige hier, den größten Theil der gewerblichen Arbeiten besorgen auswärtige Handwerksleute. Zwei Schildwirthschaften sind im Ort.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 709. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0709.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)