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und endigen in Blattwerk oder in Widderköpfe. Am eingetreppten, auch noch ursprünglichen Triumphbogen erhielt sich auf einer Seite eine große Blätterkonsole. Alles in kraftvoll eleganter, nobler Ausführung. Über dem spitzbogigen Eingang vom Thurm in die nördlich angebaute kreuzgewölbte Sakristei steht die Jahreszahl 1517. Altar, Taufstein und Orgel sind im Zopfstil gehalten, auf ersterem die holzgeschnitzten Gestalten von Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, an der Empore sind die Brustbilder der zwölf Apostel gemalt und eine Tafel folgenden Inhalts: Nassau! Sonntag den 2. Juli 1826 stand das Wasser in der Kirche bei 8 Fuß hoch.

Von den drei Glocken stammt die größte aus dem Jahr 1802, die zweite ist sehr alt und hat in lateinischen Majuskeln die Umschrift: Vox ego sum vite. voco vos. orare venite.

Die dritte ebenso gearbeitete, und auch aus dem 13. Jahrhundert stammende Glocke ist inschriftlos. – Die Kirche war Allen Heiligen geweiht und vor der Reformation eine vielbesuchte Wallfahrt. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der Begräbnisplatz ist seit 1617 außerhalb des Ortes angelegt.

Das sehr stattliche, steinerne 1838 von der Patronatsherrschaft erbaute Pfarr- und Schulhaus ist unter einem Dach und mit dem Hohenlohischen Wappen geschmückt; es enthält auch die Wohnungen des Schullehrers und des etwaigen Lehrgehilfen; das Pfarrhaus ist vom Staat zu unterhalten. Eine Winterabendschule und Mädchenarbeitsschule ist verbunden mit der Volksschule. An der Schule unterrichtet gegenwärtig ein Lehrer. Das Rathhaus wurde vor 80–100 Jahren erbaut, an ihm ein altes Steinkreuz; ein Armenhaus und ein Schafhaus besteht.

Gutes Trinkwasser liefern reichlich 2 laufende und 38 Pumpbrunnen; von guten Quellen auf der Markung sind zu nennen: der Krautbrunnen unterhalb des Orts, der Veitsbrunnen gegen Oberhausen hin und die Louisgarder Bachquellen im Louisgarder Grund. Oberhalb des Orts sind zwei künstlich angelegte Weiher, der eine 1/2, der andere 3/4 Morgen groß, die abgelassen werden können. Früher bestand der gegen 4 Morgen große Forellensee im Louisgarder Grund, er ist längst trocken gelegt und zu Wiesengrund benützt. Außerdem gehen über die Markung der Louisgarder und der Stalldorfer Bach, die sich oberhalb des Ortes zum Nassauer Bach vereinigen.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 637. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0637.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)