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einiger Thürme nichts mehr; der Bau des jetzigen Schlosses fällt ganz in die Renaissancezeit und schon 1524 wurde die berühmte Wendeltreppe (s. u.) aufgebaut. Ein durchgreifender Umbau, oder besser gesagt Neubau, geschah dann unter dem Deutschmeister Heinrich von Bobenhausen, vom Jahre 1572 an, damals wurde das Schloß im Ganzen und Großen, wie es jetzt steht, vollendet. Im Jahr 1777 befahl sodann der Deutschmeister Karl Alexander von Lothringen, den ganzen dritten Stock des Schlosses neu herzurichten, was durch Baudirektor Bagnato von Altshausen 1778 angefangen, aber erst im Jahr 1782 unter dem Deutschmeister Max Franz von Österreich fertig wurde, daher in dem noch erhaltenen schönen Kapitelsaal die Ölbilder dieser beiden Deutschmeister hängen. Vom Jahr 1827 bis 1860 war das Schloß die Residenz des Herzogs Paul von Württemberg, der seine höchst werthvollen und ausgedehnten Naturalien- und ethnographischen Sammlungen darin ausstellte (s. u.).

Betrachten wir nun das Schloß genauer. Von der Stadt, die Burggasse herabkommend, sehen wir es als gewaltige Masse vor uns aufstreben, über die der sog. Blasenthurm noch höher emporsteigt. Ein breiter tiefer gemauerter Graben trennt die ganze Schloßanlage von der Stadt, und eine zweibogige steinerne Brücke, an deren Beginn auf jeder Seite ein steinernes Schilderhäuschen steht, führt hinüber zum Thorbau, der sich etwa in der Mitte der Front der Schloßanlage befindet; zu seiner Rechten (vom Beschauer aus gesprochen) steht das Schloß, zur Linken das ehemalige auch großartige Archivgebäude.

Der Thorbau selbst zeigt schon reiche Renaissanceformen und endigt in vier verzierte Steingiebel, auf jedem von welchen ganz oben ein Engel liegt; schöne Blechdrachen ragen an den vier Ecken hinaus und zwischen den Giebeln trägt eine Kuppel ein rundes Thürmchen. Unten gehen durch zwei Stockwerke hinauf, neben dem weiten halbrunden Thorbogen, Doppelsäulen, je mit einer Muschelnische dazwischen; die Säulen sind toskanischer Ordnung, der Untertheil der Schäfte mit Renaissancediamanten u. s. w. besetzt. An der Innenseite des Thorbaues, gegen den Hof hin, stehen im zweiten Stock zwei Karyatiden, Mann und Frau, und dazwischen war früher das jetzt weggespitzte große Deutschordenswappen.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0338.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)