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Die Kapellen.

Die Sankt Wolfgangskapelle, jenseits der Tauberbrücke lieblich gelegen, spätgothisch, mit Dachreiter. Hübsches Westportal mit gekreuzten Stäben, die beim Bogenanfang getragen werden von zwei Brustbildern, dem eines jungen und dem eines alten Steinmetzen, jeder hält ein Spruchband, auf dem links steht: Anno domini, auf dem rechts MCCCCCX (1510). Der Baumeister hieß Jörg Mezler, sein Geselle Hanns Regwer (Auszug aus der Bürgermeisterrechnung vom Jahr 1510). Die Kapelle mit breiten jetzt leeren Spitzbogenfenstern schließt mit vieleckigem Chor und hat innen drei Altäre. Der Hauptaltar (v. J. 1859) mit einem Altarbild von Maler Hundertpfund, der linke Seitenaltar mit den 14 Nothhelfern, ganz vom hiesigen Maler Breitenbach 1865 gefertigt. Im Chor die Wappen verschiedener Deutschordenskomthure. An der Nordwand des Schiffes das steinerne Wappen des damals regierenden Deutschmeisters Johann Adelmann von Adelmannsfelden. – Ein besonderer Wohlthäter der Kapelle war der hiesige Seminardirektor Heinrich Loen, † 1. Februar 1665 in einem Alter von 84 Jahren im Hospital zu Mergentheim, der im Jahr 1660 die Kapelle wieder herstellen ließ und im Chor derselben begraben wurde. – An die Kapelle wurde 1510 zugleich ein Thorhäuslein angebaut, das die Brücke verschloß und bis Anfang des 18. Jahrhunderts bestand. Der Kapelle gegenüber wurde 1584 das städtische Schießhaus erbaut, abgerissen 1804.

Die Rochuskapelle, die kleinste unter den zur Stadt gehörigen, befindet sich in dem an der Straße nach Wachbach gelegenen großen Armenhause, wurde 1716 errichtet und enthält einen dem h. Rochus geweihten Altar.

Stattlicher dagegen, von der Größe einer Kirche, ist die Michaeliskapelle auf dem Friedhofe, sie wurde an Stelle des 1541 hier errichteten Kreuzes im Jahr 1609 in sechseckiger Grundform mit erhöhtem Mittelbau, in gothischen Anklängen erbaut und enthält in ihrem schönen geräumigen Innern auf dem Hauptaltar den Kampf des Erzengels St. Michael mit dem Drachen, ein schönes Schnitzbild mit dem Wahlspruch: „Wer ist wie Gott!“ Die Inschrift lautet: Anno Domini 1609 hat der Hochwürdig und Wolgeborne Herr Herr Marquard Freyherr zu Egk und Hungersbach, Deutsch Ordens Ritter etc., Gott und dem heiligen Erzengel St. Michael zu Ehren diesen Altar machen

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0331.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)