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durch die Deutschmeisterischen ersetzt. Dem Stadtschultheiß gelang es, mit Geld den Ulanen und seine zwei Kameraden zum Verlassen der Stadt zu bewegen, und endlich brachte er mit dem als letzter Ordensritter geachteten vormaligen Regierungs-Präsidenten Freiherrn Reuttner von Weyl einen Theil der betrunkenen Bauern auch zum Abzug aus der Stadt. Am nächsten Tag, 27. Juni, schienen die Landleute dem Versuch der Beruhigung unwillkürlich selber entgegenzukommen mit dem sofort in Vollzug gesetzten Verlangen, daß das aufgelöste Deutschmeisterische Militär wieder uniformirt und bewaffnet und seinem ehemaligen Kommandanten, dem gewesenen Deutschordens-Komthur Freiherrn v. Hornstein unterstellt werden solle, welch letzteren sie zugleich als ihren eigenen Kommandanten anerkennen wollten. Das Ordenskreuz der beiden Freiherrn und der vormaligen Geistlichen Räthe und Ordenspriester Höpfner und Engelhard schien allenthalben heilsam zu wirken. Allein andererseits schürten die jetzt auch von entfernteren Ortschaften, namentlich Schüpf und Ailringen, gemachten Anerbietungen, zu Hilfe zu ziehen, das Feuer des Aufstands, und mit Ungestüm verlangte der ganze Haufe Pulver und Blei. Man zog ihn mit neuen Verhandlungen hin, namentlich über die Absendung eines Schreibens an den König, worauf die Bauern endlich unter der Bedingung eingiengen, daß das alte Deutschordenssiegel aufgedrückt würde. Am folgenden Tag, 28. Juni, brachte man mit dem Vorschlag, in den Landorten eigene Kompagnieen unter selbstgewählten Offizieren zu bilden, die meisten Aufrührer aus der Stadt und verabredete nun das Nähere für den Fall des Anrückens der Königlichen Truppen. Die Bürgerschaft mit dem wieder organisirten Militär sollte in der Stadt bleiben, Hornstein mit den Bauern sich vor dieselbe begeben und ihnen bestimmte Plätze anweisen, er selber mit einem Tambour den Anrückenden entgegengehen und den Kommandanten bitten, seine Truppen so aufzustellen, daß sie von den Bauern gesehen werden können, in welchem Fall sie von dem Wahn, der König habe keine disponiblen Kräfte, geheilt und alsbald flüchtig werden würden. Am andern Morgen, Donnerstag 29. Juni, kam die Kunde von dem Annahen der Königlichen Truppen; die Bürgerschaft wurde in 5 Kompagnieen formirt und instruirt, die Bauernwachen vom Rathhaus entfernt, als plötzlich durch das Künzelsauer Thor zahlreiche Bauern in die Stadt stürzten, das Anrücken der Württemberger verkündeten und Sturm zu läuten anfiengen. Nach einer halben Stunde waren alle Plätze der Stadt mit tobenden Bauern angefüllt, sie drängten sich an das Rathhaus und verlangten die Gefangenen, deren Köpfe man auf Gabeln den Truppen entgegentragen werde; wenn die Städter sich weigern, werden sie aufgeknüpft und Mergentheim in Brand gesteckt werden. Um das Verbarrikadiren der Thore zu hindern, boten Herzberger und v. Hornstein allem auf, die Bauern aus der Stadt zu locken, ihre bereits theilweise ersichtliche Furcht zu steigern. Man brachte die Mehrzahl dahin, auf den Wiesen bei Neunkirchen sich zu lagern, ein Theil schlich sich in die Weinberge; etwa 30 folgten Herzberger und v. Hornstein, welch Letzterer einen Tambour zur Seite, ein weißes Tuch in der Hand hatte, bis an den Scheideweg nach Wachbach und Stuppach. Die bei Neunkirchen Gelagerten ließen Herzberger zu sich rufen, um

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0309.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)