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werde. Am Abend stellte Turenne seine Vorposten in den Weinbergen von Igersheim selbst auf, denn er erwartete das ihm überlegene Heer Montecuculis 40.000 Mann stark von Rothenburg her. Es kam aber Nachricht, daß die Österreicher sich dem Main mehr genähert hätten. Gleich am folgenden Tag, den 9. Sept., brach daher Turenne auf und zog mit der ganzen Kavallerie die Löffelstelzer Steige hinauf. In den nächsten Tagen stand er bei Röttingen, am 13. Sept. bei Ochsenfurt. In der Nähe von Mergentheim und dessen Gebiet fand keinerlei Zusammenstoß statt, bei Marktbreit jedoch standen sich die gegnerischen Heere gegenüber und kämpften hier namentlich Ende Septembers zwar unentschieden, aber mit beträchtlichem Verlust auf beiden Seiten. Eine österreichische Abtheilung hatte indeß bei Würzburg das rechte Ufer des Main gewonnen und hatte, bis Wertheim streifend, die Magazine und Zufuhren der Franzosen zerstört und abgeschnitten, nach wenigen Gefechten, wobei der Generallieutnant Graf von Guise gefallen war. (Es wird auch berichtet, der Graf von Guise sei nicht gefallen, sondern ohne Wunde aus Gram darüber gestorben, daß er sich habe bei Wertheim überfallen lassen.) Durch den weiteren Vormarsch der Österreicher auf dem rechten Mainufer und durch Mangel an Magazinen sah Turenne in der Folge sich genöthigt, zurück zu weichen. Am 23. Okt. hatte er Ladenburg erreicht und gieng bei Philippsburg auf das linke Rheinufer. Vor seinem Abzug aus der Gegend von Würzburg überließ er die Lande des Bischofs der Plünderungssucht und der Gewaltthätigkeit seiner Armee. Mergentheim und sein Gebiet dagegen scheint bei diesem Einfall ohne beträchtlichen Schaden davon gekommen zu sein. Als am 9. Sept. Turenne selbst aus Mergentheim abgezogen war, hatte er eine Sauvegarde in der Stadt gelassen. Am 21. Sept. kam der Graf von Guise vor die Stadt, um den dort befindlichen Proviant zu decken, da in den letzten Tagen in der Nähe von Wertheim durch die Österreicher bedeutende Magazine aufgehoben worden seien. Statt 300 Dragonern legte aber der Graf mehr als 1000 in die Stadt, die nicht im Stande war, sich zu weigern. Am 27. Sept. marschirten diese ab, es blieb nur eine Besatzung von 160 Mann im Schloß zurück. In den ersten Tagen des Oktober lag General Reinelle mit kurkölnischen und englischen Truppen (wohl Irländer, welche damals in sehr großer Zahl im Solde Frankreichs standen) in der Stadt, bis der allgemeine Rückzug gegen Ladenburg und Philippsburg hin angetreten wurde. Im Gegensatz zu den sonstigen französischen Einfällen wird diesmal das Verhalten der feindlichen Truppen im Allgemeinen als ein erträgliches gerühmt. 1

Auch unter dem berüchtigten Einfall der Franzosen in Süddeutschland 1688 hatte unsere Gegend schwer zu leiden. Im Herbst des Jahres war der französische General Marquis Feuquieres Kommandant am Neckar mit dem Sitz in Heilbronn. Von hier aus machte er mit einer fliegenden Kolonne einen Streifzug durch Franken und Schwaben, um überall Geld einzutreiben und Beute zu machen. Die schwäbischen und fränkischen Kreistruppen waren zumeist abwesend in Ungarn beim Türkenkrieg. So konnten die Mordbrenner fast ungestört hausen. Nur an wenigen Plätzen stellte sich ihnen ernstlicher Widerstand entgegen. Der Zug gieng bis vor die Thore

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0303.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)