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mannlich und unverzagt, denn er bei sich hatte Sigmund Zobel, Erasmus Fechenbach und sein, auch derselben Knechte. Aber nachdem das Schloß etwas weitläufig und baufällig und nit viel Personen zur Wehr dienstlich darin waren, thaten sie sich zusammen in einen Thurn, in Meinung, sich der Bauren aufzuhalten. Indem kamen die Bauren in das Schloß, stießen erstlich die Kemnate neben dem Thurm an, also daß das Feuer hinüber in den Thurn, darein sie geflohen, schluge und das Ingebäude entzündet; derwegen sie großer Hitz halben zu unterst in den Thurn kriechen mußten, dann das Gezimmer im Thurn ganz ausbrann, also daß es auch bei den Bauren für ein besonder groß Wunder geachtet ward, wie es doch möglich, daß sie unten im Thurn nicht erstickt waren, dann sie die ganze Nacht darin lagen und Feuers halben nit heraus, noch die Bauren zu ihnen hinein kommen mochten. Aber auf den andern Tag, den Osterabend, den 15. Aprilis, da sie kein Rettung oder Hilf sahen, schrien sie zu den Bauren um Gnad; die wollte ihnen aber nit widerfahren, sondern nahmen die Bauren, was sie im Schloß funden, zogen des Amtmanns Frauen, die dazumal schwanger gieng, und ihre Kinder ganz bis auf die Hemmeder und stießen sie barfuß und barhaupt hinweg in das Elend, nahmen auch diejenigen, so sie also im Schloß begriffen, bunden ihnen ihre Hände uf den Rücken und führten sie gen Lauden vor die Hauptleute in das Lager. Denen folgte die betrübte Frau mit ihren kleinen Kindern nach, kam vor die Hauptleut, bat die um Gotteswillen mit großem Klagen und Weinen, daß sie ihre und ihren Kindern ihren Hauswirt und Vater ledig lassen und heimgeben, dann sie sich des Andern gern verzeihen. Aber die unbarmherzigen Bauren wollten das nit thun, sondern schrie der gemein Hauf und begehrten endlich, daß man sie durch die Spieß jagen sollte. Allein waren darwider die Hauptleute der Bauren und sonderlich Cuntz Bayr obgenannt, so itzund von Bischofsheim wiederkommen und wie die Sachen in seinem Abwesen ergangen waren, Bericht empfangen hatte. Der ward gegen der Frau und Kindern zu Barmherzigkeit bewegt und fiel darum mit seiner Stimme zu den Hauptleuten, die wollten, wo sich die Gefangenen zu ihnen verbrüdern, sollt man sie uf Urphed ledig geben. Als aber solches von dem gemeinen Haufen nit angenommen werden wollte, trat herfür Contz Bayr und redet öffentlich vor dem gemeinen Haufen: sie sollten doch den Jammer und Elend der betrübten Frau und Kinder zu Herzen führen und nit so schnell sein, diejenigen umzubringen, die der allmächtig Gott in dem Feuer und Hitze sonderlich behütet hätte, dieweil ihnen dann Gott das Leben gegonnet, was wollten sie sich dann zeihen, daß sie ihnen das nehmen wollten? darum welcher unter ihnen den armen Gefangenen das gonnen wollte, das ihnen Gott gonnte, der sollte ein Finger aufrecken. Also ward ein Mehrers, daß man sie leben lassen sollte, welches Cuntz Bayr durch seine Rede (dann er fast geschwätzig war) zuwegen bracht, und wurden die armen Gefangenen folgenden Tag gebunden mit gen Markelsheim geführt, dahin die Bauren ihr Lager geschlagen hatten. Dennoch waren viel unruhige, arge und ungeschickte Tolpel im Haufen. Alsbald die gezecht hatten, wie sie dann sonst nichts anders thaten, liefen sie über die Gefangenen, zupften, stießen, höhnten und

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)