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Einige kirchliche Gebräuche. Am Samstag Abend wird der Sonntag mit allen Glocken eingeläutet, und wird auf dem Lande früher als an den anderen Tagen Feierabend gemacht. Auch die häuslichen Geschäfte werden am Samstag Abend möglichst eingestellt, um eine Predigt oder wenigstens die Sonntagsperikopen ungestört lesen zu können. In etlichen evangelischen Gemeinden werden die hohen Festtage am frühen Morgen mit dem Geläute aller Glocken eröffnet. Bei der Feier des heiligen Abendmahls werden auch in den evangelischen Kirchen hohe Leuchter mit brennenden Wachskerzen auf den Altar gestellt. In den evangelischen Orten des Gäu findet am Karfreitag der Kirchengesang ohne Orgelbegleitung statt. Auch wird in diesen Orten jeden Abend mit allen 3 Glocken zum Abendgebet geläutet. Beim Läuten der Früh-, der Mittag- oder Abendglocke, sowie während des Einläutens der Sonntage entblößen die Landleute auch auf der Straße und auf dem Feld ihr Haupt und beten ein stilles Vaterunser.


Haus und Hof, ihre Theile und Einrichtung.

Haus. Nach dem Aufschlagen eines neuen Hauses oder einer Scheuer wird regelmäßig ein Zimmerspruch gethan. Die Ehre, denselben von dem mit einem reich bebänderten und bekränzten Tannenbäumchen versehenen Giebelgebälke herabsprechen zu dürfen, wechselt unter den Gesellen ab. Derjenige, der ihn spricht, bekommt wie der Meister ein seidenes „Tüchle“, die übrigen Gesellen nur baumwollene.

Die Theile des Hauses sind der Vorplatz, „Tenne“ genannt, „Stube und Stubenkammer“. In jener steht der „Disch“ (Tisch), umgeben auf 2 Seiten von der an der „Wånd“ festgemachten „Bånk“ oder „Buank“, gewöhnlich Benk, ein „Kammod“, als Aufsatz darauf mitunter ein „Glåsb’hälter“, d. h. ein Kasten mit Glasthüre, um das Porzellan- und Glasgeräthe und dgl. darin aufzubewahren, oder auch ein „Schreibpult“; auch befindet sich in der Stube außer 2 hölzernen Stühlen der „Sessel“ d. h. ein großer, gepolsterter und mit Leder überzogener Lehnstuhl für den „Härle“ (Großvater) oder für kranke Tage und ein gewaltiger, gußeiserner Ofen mit dem „Hölleckele“ und dem „Höllhoufa“, einem eingelassenen Gefäß, um stets warmes Wasser zu haben, um den Ofen zieht sich die „Oufebank“ und oben der „Spanassel“, ein Kranz von 2 oder 3 Stangen, auf die man Späne zum Dörren oder Wäsche etc. zum Trocknen legt und

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0165.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)