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gekommen – Lichtel zu gesprungen, bald aber in einen Wiesensumpf gerathen und versunken. Den Musketierschreiber habe man todt gefunden.

Seitdem heißt diese Steige die „Schleifsteige“, der nun ziemlich trocken gelegte, doch immer noch ersichtliche Sumpf, sowie die ganze Wiese aber der „Muschkerschreiber“, und ist es in dieser Gegend nicht geheuer, da nächtliche Wanderer schon zum öftern durch einen Reiter in Schrecken versetzt worden sind. (Schr.)

Im Hölzle auf Markung Neunkirchen ist früher oft ein mit grünem Rock bekleideter Mann ohne Kopf, zuweilen zu Pferd, gesehen worden. Aber auch von einer Reiterin weiß der Sagenschatz des Bezirks zu erzählen:


5. Die reitende Gräfin.

Auf der Grenze zwischen Nassauer-, Strüther- und Riedenheimer Markung liegt das sogenannte Schänzle, ein hochgelegener, freier Platz, auf welchem einst nach der Sage das Schloß oder die Burg eines Grafen stand. Der Graf hatte eine Tochter, das schönste Fräulein weit und breit, der es eben darum an Brautwerbern nicht fehlte. Aber sie war ebenso stolz als schön und wies daher alle, auch die wohlgemeintesten Anträge zurück und manch edler Grafen- und Fürstensohn zog enttäuscht und erbittert, wohl gar gebrochenen Herzens seinen Weg heim. Bald aber kam keiner mehr und die stolze Tochter sah sich allein und verzehrte in Sehnsucht ihr Leben. Da ritt sie oftmals den Burgweg hinab und ritt wohl stundenweit hinaus, von unbefriedigter Sehnsucht getrieben, bis der Tod sie von der Qual ihres Daseins befreite. Aber auch da fand sie keine Ruhe. Allnächtlich steigt sie zu Pferde und reitet den Weg entlang, der vom Schloß hinab über die Nassauer und Harthäuser Markung nach Unterbalbach führt, um zu suchen und nicht zu finden. Wenn da ein harmloser Wanderer des Weges kommt oder geht, so darf er sicher sein, daß er von der nächtlichen Reiterin vom Wege abgeführt und irre geleitet wird. Das Schloß ist zerfallen und von der Erde verschwunden, wer aber am rechten Orte graben würde, der müßte die reichen Schätze finden, die dem Grafen gehört hatten. (Schr.)


6. Der Geistergaul bei Nassau.

Am Rombergweg, der von der Schäftersheimer Straße über den Bach und das ganze Thal herüber führt, auf Nassauer Markung hört man ganz nahe vor oder hinter sich ein Pferd traben, ohne es zu sehen. Hat das Pferd den Romberg erreicht, so hört der Hufschlag auf, das Pferd scheint am Ziele angekommen zu sein. (Schr.)

Auch andere geisterhafte Thiere machten einen Theil der Bezirksbewohner gruseln, so


7. Schwarze Hunde.

Wo jetzt das K’sche Haus in Nassau steht, stand vor Alters eine Scheuer, die ein reicher Bauer gebaut hatte. Weil er aber nicht nur reich sondern auch geizig war, so gab er dem Maurer nicht ganz den bedungenen Lohn. Dieser, entrüstet über den Bauern, machte ein großes Loch in einen Stein der Mauer und schwur einen Geist hinein und

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0126.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)