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Fangen wir mit den in die altgermanische Zeit zurückreichenden Sagen an, so sind zunächst einige vom „Wilden Heer“ zu verzeichnen.


1. Sage vom wilden Heer bei Mergentheim.

Wenn das wilde Heer im Anzuge ist, hört man’s schon am Lärmen von weiter Ferne. Es läßt sich nieder beim sogenannten heiligen Kreuz, nicht weit von Mergentheim, Stuppach zu. Da wird Raths gepflogen, eine Anzahl Jäger mit gellendem Hurrah und fürchterlichem Hundegebell ist da. Im Nu ziehts wieder fort. Man muß, wenn’s einem nichts anhaben soll, den Athem anhalten und auf den Boden liegen. (B. I, Nr. 44.)


2. Das wilde Heer bei Nassau.

Zwischen Nassau und Schäftersheim standen früher zwei uralte, mächtige Weidenbäume, zwischen denen der Fußweg, der durch die Wiese geht, hindurchführt. Dort überrascht den Wanderer oftmals „’s wüethe Heer“, das mit allerlei Stimmen von Thieren, Pfeifen und Kreischen, Lärmen, Toben, Getrappel sein Kommen und seine Nähe ankündigt. Wehe dem, der hier dem wilden Heer begegnet, ihm werden die Augen ausgekratzt, er wird zu Boden geworfen und ihm der Kopf gar übel zerschlagen. Wer aber die Sache weiß und den Ansturm des wilden Heeres merkt, der legt sich platt auf den Boden und das Heer rauscht über ihn hin durch die Lüfte, ohne ihm zu schaden. (Schr.)

Mit der Sage vom „wilden Heer“ hängen wohl die Sagen vom „Reiter ohne Kopf“ und von „Geistergäulen“ zusammen.


3. Der Schimmelreiter in Mergentheim.

Im sogenannten Waisenhausgäßle in Mergentheim, das hüben und drüben von Gärten gebildet wird, läßt sich von Zeit zu Zeit, besonders gerne zur Adventszeit, ein Schimmelreiter sehen; er trägt seinen Kopf unter dem Arm. Schimmelreiter ist Kinderschrecken. (B. I, Nr. 28.)


4. Der Muschgerschreiber (Musketierschreiber) oder der Reiter auf der Schleifsteige bei Münster u. A.

Von der Thalstraße zwischen Münster und Lichtel führt da, wo die Waldschlucht „Zeisersklinge“ ins Thal einmündet, eine Steige die Schmerbacher Halde hinan, genannt die „Schleifsteige“. An derselben steht ohngefähr in halber Höhe der Halde ein ganz vermoostes, steinernes Kreuz.

Einst soll ein Rothenburger Musketierschreiber, der die nahe Landhege, die Waldgrenzen, die kleinen Garnisonen etc. zu beaufsichtigen hatte, diese Steige, welche Rothenburger- und Münsterer Waldbesitz scheidet, heruntergeritten und an der Stelle des Kreuzes abgeworfen worden sein. Das Pferd habe ihn geschleift und sei – im Thale angekommen

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0125.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)