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kamen namentlich zeitweise hinzu für das Hundeführen auf den Jagden 4 fl. 30 kr., für Wachtgeld 6 fl., für der Herrschaft geschuldete Botengänge 2 fl., welche übrigens unter den 17 fl. Schutzgeld begriffen wurden, eine Martinigans an das Amt Lauchheim, auch wurde das Neujahrsgeld auf 1 Dukaten erhöht; deren wurden 1765–1766 24, 1767–1781 10, 11. 12. 13 bezahlt. Im J. 1806 waren unter 721 Einwohnern 64 Juden; bei der Zählung des Jahrs 1822 ergaben sich 13 Familien, 1880 132 Köpfe. Wegen mannigfaltiger Beschränkungen – sie wurden lange bloß in der Judengasse geduldet – gelangten sie längere Zeit zu keiner Wohlhabenheit, erst seit der Einverleibung des Orts in Württemberg und namentlich seit dem Wegfall jener Beschränkungen durch die neuere württembergische Gesetzgebung, der gemäß sie seit 1822 Familiennamen angenommen haben, gelangten die meisten derselben zu einem ziemlichen Wohlstand. Seit dem Jahr 1849 befand sich stets ein Israelite im Gemeinderath, hin und wieder war die israelitische Gemeinde auch im Bürgerausschuß vertreten. Ein hiesiger Rabbiner wird 1724 – übrigens nur vorübergehend – erwähnt[1]. 1

Sonst wird über die Verhältnisse der Juden dahier von Lehrer Maison noch folgendes mitgetheilt. Aller Wahrscheinlichkeit nach brachten die Emigranten zwei Thorarollen als Paniere und Talismane mit hierher; dermalen sind in hiesiger Synagoge 10 Thorarollen, von den 2 ältesten Exemplaren gehört eine der Gemeinde, die andere dem Michael Kaufmann. Die übrigen 8 Rollen sind Eigenthum von Vereinen und anderen Privatleuten, hies. Israeliten. – Die Grabdenkmale ihrer Verstorbenen nahmen die hierherziehenden Juden aus Baldern als leidige Trophäen mit: sie senkten dieselben, im Friedhofe in Aufhausen ein; fürwahr traurige Geschichtstafeln! Noch heute ist diese Gräberstätte der gemeinsame „Ruheplatz der Todten“ von Aufhausen, Lauchheim und Ellwangen. – Es liegen zwei Schutzbriefe in gedruckten Originalen vor – und diese bekunden nur allzudeutlich die damalige sowie frühere und spätere, drückende, entehrende, ärmliche und nahezu hilflose Lage der jüdischen Insassen Lauchheims. Das eine dieser Instrumente ist im Jahr 1783 zu Ellingen, ausgefertigt und vom Landeskomthur Franz Sigmund Adalbert Friedrich Freiherr von und zu Lehrbach unterzeichnet; es lautet auf Salomon Simon, dessen Urenkel dermalen der Nestor der jüdischen Gemeinde und wohl eine der ältesten Personen Lauchheims ist; der andere Schutzbrief, im Jahr 1795 in Mergentheim ausgefertigt und von Kurfürst Maximilian Franz, Erzherzog zu Österreich und Erzbischof zu Köln unterzeichnet, lautet auf Salomon Levis Wittwe; deren


  1. Im Jahr 1795 hatte der Deutschorden überhaupt 155 Schutzjuden mit ihren Familien an 16 Orten des Distrikts von Ellingen bis Gundelsheim und Kapfenburg bis Neustadt a. d. Aisch.
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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 614. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_614.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)