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Geschichte des Klosters und Stifts Ellwangen [1].

Der Name Ellwangen [2], in frühester Zeit Elehenwang 814, 823, Elehenwanc 817, Elenwanga 887, Elvangen 961, Elwangen 987, Elvanc 1152 u. s. w. geschrieben, ist etymologisch zu deuten als Wang, Feld (campus) des Elch (althochdeutsch: elaho, Genitiv: elehen; cervus euryceros, der ausgestorbene Riesenelch, oder cervus alces, der noch lebende Elch); die Stadt selbst aber verdankt ihren Ursprung und ihre Bedeutung ganz der in das 8. Jahrhundert zurückreichenden kirchlichen Stiftung, weßhalb wir uns zuerst dieser zuwenden.

Nach der Lebensgeschichte Hariolfs, des Stifters des Klosters, aus der Mitte des 9. Jahrhunderts (s. S. 150. 296) war derselbe ein hervorragender Laie, Verwandter Gozbalds, Abts von Altaich und Bischofs von Würzburg, Kanzlers König Ludwigs des Deutschen († 855), in dieser Gegend des Virgundwalds („in confinio Frantiae et Reciae“) begütert. Nach langem Jagen erlegte er einst mit einem alten Genossen, dem hochedlen Cadoloh, eben hier einen Elch [3]. Darauf wurde er im Schlaf durch dreimaligen Glockenklang geweckt – „der Ton der Glocke schien ja überhaupt die nicht bloß mitfühlende, sondern vorahnende deutungsvolle Stimme eines geheimnisvollen, in höheren Regionen heimischen Wesens und wie gewöhnlich auf dem Gebiet der


  1. Literatur s. oben S. 296 ff.
  2. Die Schreibweise Elehenfang, Helehenfang der vita Hariolfi ist mit der ihr zu Grunde liegenden Etymologie zu verwerfen.
  3. Das Geweih des erlegten Elchs soll von Hariolf und Cadoloh den Königen Pippin oder Karl dem Großen zum Geschenk gemacht worden, so nach Frankreich gekommen und auf Befehl König Karls VIII. in der Schloßkapelle zu Amboise aufbewahrt worden sein. In der That wurde noch bis in die neueste Zeit im dortigen Schlosse dieses Geweih, dessen beide äußersten Enden 3,30 m[ER 1] aus einander stehen, dessen Stangen 3 m lang sind, 8 und 9 Enden zählen und da, wo sie dem Schädel entsteigen, im Durchmesser 24 cm stark sind, gezeigt, bis im Jahr 1871 der siegreiche Prinz Friedrich Karl von Preußen die Reliquie von der Stadt für sein Jagdschloß Dreilinden bei Potsdam als Geschenk erhielt, wo es derzeit aufbewahrt ist. Es ist jedoch kein Original, sondern nur eine Nachbildung aus Holz. Nach einer Zeichnung und genauen Maßen war übrigens schon für die Jubiläumsfeier des Jahrs 1864 eine noch jetzt in einem Nebenraum der Stiftskirche zu Ellwangen aufbewahrte, natürlichen Formen allerdings nicht entsprechende Nachbildung gefertigt worden. (Vgl. Sitz.Ber. der naturwissenschaftl. Gesellschaft Isis in Dresden, Jahrg. 1869 S. 225, 1871 S. 8 ff.)

Errata

  1. S. 433 Z. 13 v. u. l. 3,30 m st. 4,60 m u. 3 m. st. 3,30 m. Z. 9 ff. v. u. l. nach gef. Mittheilung des Herrn Forstraths Probst, welcher einen Vortrag über dieses Riesengeweih im Jahresheft des Vereins für vaterl. Naturkunde in Württemberg v. 1885 veröffentlichen wird: st. „zu Glienike u. s. w. – zu Grund“: „für sein Jagdschloß Dreilinden bei Potsdam als Geschenk erhielt, wo es derzeit aufbewahrt ist. Es ist jedoch kein Original, sondern nur eine Nachbildung aus Holz“. Siehe Nachträge und Berichtigungen. Seite XVI.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_433.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)