Seite:OberamtEllwangen 251.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

für das Rindvieh verwendet wird zum Vortheil sowohl des Feldbaus auf allen Bodenarten, als des Viehs. Laub- und Moosstreu wird aus Privatwaldungen vielfach entnommen, in den Staats- und Körperschaftswaldungen dagegen nur ausnahmsweise begehrt, nachdem dort alle Streurechte gleich allen Weide- und Gräsereirechten seit 1875 abgelöst sind. Das Waldgras wird in ausgedehntem Maße meistens als Streu benützt. In größeren Privatwaldungen wird noch die Weide mit Rindvieh, dann und wann auch mit Schafen ausgeübt. Anbau von Haber zum Zweck der Aufforstung mittelst Fichtensaat kommt selten vor. Von Bedeutung für den Verdienst von Kindern und armen Leuten ist das Sammeln von Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren, deren Werth in den Waldungen des Bezirks jährlich wohl zu 5000 M. veranschlagt werden darf und welche mancher Familie 50 bis 80 M. in wenigen Wochen einbringen. Die eßbaren Schwämme, wie Pfifferling, Steinpilz, Reizker, Brätling, Habichtschwamm, Semmelpilz, Stoppelschwamm, Parasol, Kapuzinerpilz, Champignon, Morchel, welche in den hiesigen Waldungen in außerordentlichen Mengen vorkommen und für die ärmere Bevölkerung ein werthvolles Nahrungsmittel abgeben könnten, werden leider noch viel zu wenig gekannt und verspeist.

Die Harznutzung, welche in früherer Zeit stark betrieben wurde, obgleich sie nur geringe Einnahme gewährte, so z. B. in den Staatswaldungen des Reviers Hohenberg nur 44 fl. Jahrespachtzins, zeigt ihre schädlichen Spuren noch jetzt in alten Fichtenbeständen, ist aber nun überall, in den Staatswaldungen seit 1854, abgeschafft. Auch die früher auf großen Bauernhöfen mit dem Nebenzweck der Düngung betriebene Salinsiederei (Pottaschegewinnung) ist nun nahezu überall aufgegeben.

An schädlichen Einwirkungen auf den Wald ist der Spätfrost und der Schneedruck als ziemlich häufig zu bezeichnen; ein weit verbreiteter Schneedruck vom 8. November 1868 hat in den Stangenhölzern großen, noch lange sichtbaren Schaden gestiftet und die Lücken, die er verursachte, haben dem verheerenden Orkan vom 26. Oktober 1870 wesentlich vorgearbeitet, welcher im damaligen Umfang des Ellwanger Forstbezirks 449.000 Festmeter Holz, d. h. die 10fache Jahresnutzung in einer Nacht niederwarf und über 1200 Hektar Kulturfläche schuf.

Die abgebrochene und wirr durcheinander geworfene Holzmasse war so groß, daß zu deren Aufbereitung Hunderte von auswärtigen Arbeitern, auch Tiroler, angestellt werden mußten,

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_251.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)