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Am Heiratstag, wo die Brautleute in den Pfarrhof gehen, um ihre Absicht, einander zu heiraten, vor dem Geistlichen zu erklären und Abends ein Fest im Wirthshaus ist, werden demjenigen ledigen Buschen oder Mädchen, von dem man weiß, daß es das eine oder andere der Brautleute auch gerne gehabt hätte, in der Nacht Spreuer gestreut von seinem Hause bis zum Hause der andern Person, oft von einem Orte in den andern, auch in der Stadt Ellwangen.

Wenn ein fremder Bursche nach einem Mädchen ins Dorf kommt, muß er den ledigen Burschen dieses Orts im Wirthshause eine ansehnliche Zeche zahlen, oder er wird unbarmherzig zum Dorf hinausgeprügelt, oft trotz der Zeche. Derartige Prügeleien wurden schon häufig bei Gericht verhandelt.

Hier heißt der erste Fastensonntag, Sonntag nach Fastnacht, der „weiße Sonntag“.

An diesem wandern die Knechte, während das Ziel für die Mägde von jeher Lichtmeß war.

Am Montag nach dem weißen Sonntag (1. Fastensonntag) ist in Ellwangen Jahrmarkt, welcher der Knechtsmarkt hieß, weil diesen die wandernden und bleibenden Knechte besuchten. Tags zuvor nahmen sie ihren Jahrlohn ein und die Handelsleute hatten an diesem Markte immer eine schöne Einnahme. Welcher Knecht an diesem Tage noch keinen Platz hatte, steckte einen grünen Tannenzweig an die Kappe und trug eine Geißel in der Hand. Vielen gelang es, an diesem Markte einen Herrn zu finden und sich zu verdingen.

Vor etwa 10 Jahren verordnete das Oberamt, daß die Knechte auch an Lichtmeß zu wandern haben wie die Mägde. Beim Wandern singen die Dienstboten:

1. Heut ist mein Wandertag,
     Morgen mein Ziel,
     Schickt mich mein Bauer fort,
     Gibt mir nicht viel.

2. Gibt sie (die Bäuerin) mir einen Groschen,
     Schlag ich ihr ihn um d’Goschen,
     Gibt sie mir ein Stück Brot,
     Schlag ich sie todt.

3. Bäuerin, hol den Geldbeutel herein,
     Bauer, zahl mich aus,
     Bäuerin mach die Stubenthür auf,
     Bauer, jag mich hinaus.

Die Weidenrindenröhrchen, durch welche die Knaben im Frühjahre blasen, heißen „Habenen“ (anderwärts Hupen).

Wenn sie einen machen, singen sie dabei:

„Habene, Habene gräth,“
(Auch „Pfeif, Pfeif gräth“)
„Pfotze, Pfotze gräth“)
Ich geb dir Bier und Brot
Und ein Gläslein Branntewein,
Ich schlag dich recht in Anken (Nacken) nein“,

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_174.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)