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dieses Mannes mit den Worten kund: „Danket Gott, denn ich habe in der vergangenen Nacht über einem der Eurigen eine himmlische Sonne schimmern sehen.“

Grimoald war, wie ich aus seinem eigenen Munde weiß, am Hofe des Königs Pippin in der Nähe des Bodensees. In einer Nacht war er draußen auf dem Felde, um gemeinsam mit einer Schar von Wächtern die Rosse zu hüten. Als er nun nach Ablauf der Zeit seines Wachdienstes plötzlich eingeschlafen war, hörte er den Klang von Glocken. Wie er umblickte, ob einer seiner Kameraden in der Nähe sei, gewahrte er einen jungen Mann in reichster Kleidung. Diesen genauer anschauend sprach er: „Wo, mein Herr, ist jenes so liebliche Glockengeläute, das ich höre?“ – „Zu Elwangin“, erwiderte jener. Jetzt erst erwachte Grimoald und begann ängstlich darüber nachzudenken, wo und in welcher Gegend der Ort sein möge, der so heiße. Ebendort war nun ein leiblicher Bruder des Hariolf und Erlolf, mit Namen Franko. Als dieser bemerkte, wie Grimoald von Tag zu Tag sich zusehends veränderte, redete er ihn also an: „Was ist’s, ich bitte dich, Grimoald, daß du so plötzlich verändert erscheinst? Willst du in ein Kloster gehen?“ – „Oh, hätt’ ich nur schon einen passenden Ort hiezu gefunden!“ entgegnete Grimoald. Da gab ihm der andere die Auskunft: „Der Ort liegt auf der Grenzscheide zwischen Franken und Rätien. Kürzlich wurde er von meinem Bruder Hariolf angelegt und Helchenfanc genannt.“ Da seufzte Grimoald tief auf, wanderte dann hierher, traf Herrn Hariolf auf dem Landgute Rehilingen (Röhlingen) und eröffnete ihm sein Anliegen, Dieser gab ihm voll brüderlichen Mitleidens zur Antwort, er sei zur Erfüllung seines Wunsches bereit, aber es fehle ihm gänzlich an (Ordens-) Kleidern für ihn. Vernimm nun das fünfte Wunder des Herrn Hariolf, das ich dir vorhin zu verkünden versprochen habe. Während beide voll Betrübnis über den Mangel an Kleidern dastanden, kam eine bisher völlig unbekannte Frau daher und brachte ein Stück Tuch zum Zwecke der Einkleidung. Dafür priesen beide die göttliche Güte. Am folgenden Tage wurde Grimoald Mönch.

Am Vorabend des Weihnachtsfestes sah Grimoald die Kirche von himmlischem Lichte erfüllt; nachdem er lange seine Augen auf den Boden geheftet hatte, richtete er sich auf und betrachtete die hl. Maria, die in höchster Schönheit über dem Altare saß und den Erlöser der Welt als kleines Kind in ihrem Schoße hatte. Da lernte er zum erstenmal nach einer Melodie der Engel die Antiphone: „Wen habt ihr Hirten gesehen? Sprechet“ u. s. w., jenen Gesang, den er später oft anstimmte.

Zu erwähnen sind auch die Sagen von Ritter Wilhelm Adelmann dem Wilden auf Rechenberg (vergl. OA.Beschr. Crailsheim S. 118 f. Württ. Franken, Neue Folge I, 40 und Birlinger, Volksthümliches aus Schwaben 1, 31 und 169). Am Osterfest fuhr er zur Kirche in Stimpfach OA. Crailsheim, der damaligen Pfarrkirche von Rechenberg, kam aber zu spät. Da entbrannte sein Zorn über den Kutscher und er erstach ihn auf der Stelle. In bitterer Reue vermachte er die Burg und all sein Hab und Gut dem Kloster Ellwangen und soll später selbst von seinem Stallknecht erstochen worden sein. Lang stand noch in Stimpfach ein Sühnekreuz, wo Wilhelm den Knecht niedergestochen.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)