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des Oberamtsarztes Krauß in Mergentheim, der in einer Reihe von Jahren aus den Leichenregistern die Todesfälle der israelitischen Bevölkerung seines Bezirks zusammengestellt hat. Nach den vorgefundenen Listen sind in der Zeit 1. Juli 1858/30. Juni 1861, 1. Juli 1862/31. Dez. 1865 und 1. Januar/31. Dezbr. 1866 im Oberamtsbezirk Mergentheim (nach Abzug der Todtgeborenen)

 gestorben überhaupt 4671
 davon im 1. Lebensjahr 1438
 darunter Israeliten überhaupt 0124
 davon im 1. Lebensjahr 0026 = 20,9%
 also Andere überhaupt 4548
 also Anere im 1. Lebensjahr 1332 = 29,1 %.

Nach 6jährigem Durchschnitt, Juli 1857/Juni 1863, betrug in demselben Oberamtsbezirk die Sterblichkeit in der Gesammtbevölkerung 2,8%, unter den Israeliten 1,6%. Wenn man annimmt, daß allezeit und allerwärts ähnliche Verhältnisse stattfinden und stattfinden werden, dazu die bekannte Fruchtbarkeit der Ehen und die seltene Ehelosigkeit unter den Israeliten in Anschlag bringt, so ergibt eine einfache Rechnung, daß für künftige Jahrhunderte eine ganz andere Mischung der Bevölkerungselemente Deutschlands in Aussicht stehen muß, als jetzt vorhanden ist.

Die häusliche Krankenpflege ist allmählich besser geworden, übermäßige Heizung, ängstliche Abhaltung frischer Luft ist nicht mehr so allgemein, auch die herkömmliche Scheu vor Wasser, gar vor kaltem Wasser, hat abgenommen, obgleich man noch oft hören kann: „Ich bin so flüssig“, d. h. ich kann die Berührung von Wasser nicht ertragen. Auch kann es vorkommen, daß ein Kind, das im Fieberdurst daliegt und Bierle verlangt, immerfort sein Bier zu trinken bekommt, „Es hat so ang’halten.“ In schweren Fällen kommt auch aufs Land hinaus die zuverlässige Hilfe der barmherzigen Schwestern aus Ellwangen. Das im J. 1867 gebaute seither erweiterte Bezirkskrankenhaus hat, obgleich die großen Entfernungen seine Benützung erschweren, doch seinen Nutzen auch für entferntere Orte bewährt.

Ärztliche Berathung wird nicht oft rechtzeitig und nachhaltig verlangt und vielfach soll auf mündliche Berichte hin kurirt werden. Dabei ist es gewöhnlich nicht ganz leicht, einen Thatbestand herauszubringen. Denn berichtet wird nicht sowohl über wirkliche Wahrnehmungen, als vielmehr über die Vorstellungen von der Krankheit, welche der Kranke und seine Umgebung sich

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)