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Zapfen hat etwa die Größe eines mittelgroßen Apfels, der Leinwandfleck ist meist mit weichem Weißbrot gefüllt, oft mit Zuckerzusatz, wird dann in Wasser oder Zuckerwasser angenetzt, manchmal auch zwischen den Zähnen gequetscht und eingespeichelt; dann wird daran ein Zipfel herausgezogen und dem Kind in den Mund gesteckt, wenn dieser leer gesaugt ist, wieder ein anderer Zipfel und so fort, bis der ganze Inhalt verschwunden ist. Mit eifrigem Saugen kann ein Kind einen halben Tag an einem Stück haben. Neuerdings werden diese großen Urzapfen seltener und durch kleinere ersetzt, so daß das Kind den ganzen Zapfen zwischen die Lippen nehmen kann. Da und dort wird jetzt auch der schwarze Gummi-Schnuller gebraucht. Bis dieser Unfug verschwunden ist, wird noch eine Reihe von Jahren dahingehen. 1

Die Kleidung des Landvolks wird mehr und mehr der gewöhnlichen städtischen gleich. Der altehrwürdige Dreispitz ist verschwunden, ebenso der bis zwischen die Schultern herauf gespaltene Rock mit den langen Flügeln und die Kniehosen mit Strümpfen und Schuhen. Die allgemein übliche Kopfbedeckung ist jetzt der schwarze runde Filzhut, die Pelzkappe oder andere Arten von Kappen, im Sommer auch Strohhüte. Als gewöhnliche Arbeitskleidung wird ein langer schwarzer grobhänfener Rock von der Form eines Überziehers viel getragen, als bessere Kleidung ein solcher dunkelfarbiger Tuchrock. Im Sommer wird die blaue Bluse viel gesehen. Schwarze Lederhosen sieht man noch da und dort, namentlich im Ries. Die langen über den Hosen getragenen Stiefel sind gewöhnliche Tracht geworden. Wollene Hemden und Unterjacken finden mehr und mehr Eingang. Frauen und erwachsene Mädchen tragen zum Staat noch ihre schwarzen Bändelhauben, sonst wird der Kopf meist blos getragen, gegen Sonnenbrand oder Kälte durch umgebundene Tücher geschützt. Die Kinder läßt man meist mit bloßem Kopfe laufen, und auch die Köpfe der kleinen Kinder sind oft schutzlos den Sonnenstrahlen preisgegeben, gewiß nicht allemal ohne Schaden. Strohhüte tragen die Mädchen zum Staat. Der Frauenrock mit Jacke ist gewöhnlich schwarz, der Rock zuweilen, nach altem Brauch, grün. Vielerlei Roth, Scharlach, Rosenroth und Hochroth konnte man an Schurz, Rock und Halstuch beisammen sehen, in neuerer Zeit selten mehr. Dem ärztlichen Rath, Hosen anzuziehen, wird von Frauen und Mädchen meist hartnäckiger Widerstand entgegengesetzt. Sie sind′s eben

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)