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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Gebäude rühren aus verschiedenen Zeiten her: als Conrad v. Thumb 1508 das ganze Dorf zusammengekauft hatte, fing er an, wie Gabelkofer erzählt, das Schloß mit Gräben und Alleen stattlich zu bauen, hat auch einen ganz herrlichen Keller darunter machen lassen; vermuthlich aber hatte schon früher ein Schloß auf der Stelle gestanden, s. u. 1673 baute, nach einer Inschrift, Herzog Eberhard III. das in dem Hofe stehende Gebäude, 1678 bis 1682 ließ die Herzogin Magdalena Sibilla die Schloßkapelle und Anderes bauen und den Garten anlegen; 1722 bis 1723 baute die Gräfin v. Würben den s. g. neuen Bau. Das Schloß war lange Zeit Sitz der verwittweten Herzogin Magdal. Sibilla und nach ihr der Herzogin Joh. Elisabetha, s. u. Von jener sah man in unsern Tagen noch manche Einrichtungen, insbesondere auch die Einrichtung, mittelst welcher die Herzogin, eine fromme Fürstin, die ein eigenes Andachtsbuch geschrieben hatte, von ihrer Bettstätte aus in dem über der Kirche gelegenen Schlafzimmer den Geistlichen auf der Kanzel hören und sehen konnte. In den letzten Zeiten war das Schloß viele Jahre lang, und bis zu seinem Tode i. J. 1830, der gewöhnliche Aufenthalt des Herzogs Wilhelm, Oheims S. M. des Königs, durch den es manche neue Einrichtungen und Verbesserungen erhielt. Hier ruhte auch dessen i. J. 1822 in Italien verstorbene Gemahlin Wilhelmine, in der von dem Herzog niedlich eingerichteten Neben-Capelle (der Sakristey), bis sie nach dem Tode des Herzogs nach Stuttgart gebracht und nach dessen Wunsche neben ihm in der fürstlichen Gruft daselbst beygesetzt wurde. Jetzt ist das Schloß der Erziehungs-Anstalt eingeräumt, wovon nachher die Rede seyn wird. 1

Die Pfarrkirche wurde 1698, die obere Hälfte des Kirchthurms 1828 neu gebaut. Unter der Kirche befindet sich eine gewölbte Gruft, die von der Gräfin von Würben, geb. v. Grävenitz, herrühren soll. Sie wurde 1817 geöffnet, man fand darin 15 zum Theil zerfallene Särge, diejenigen, welche noch zu erkennen waren, gehörten meist der Grävenitzischen

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt206.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)