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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

der Berg selber Würtemberg hießen. Die Kapelle wurde von des Königs Majestät 1820 bis 1824 erbaut; der Grundstein wurde am 29. Mai 1820 von dem König gelegt; (s. Würt. Jahrbücher 1821. S. 185 und folg.) Am 5. Juni 1824 wurde der fürstl. Leichnam aus der Gruft zu Stuttgart in die Kapelle versetzt. Baumeister und Bauführer waren der Königl. Hofbaumeister Salucci und der Bau-Inspektor Schmolz. Der schöne und sehenswerthe Tempel bildet eine Rotunde, auf der Spitze des Berges. Er ist mit einer hohen Kuppel bedeckt und hat drey Porticus mit Inschriften aus der heiligen Schrift. Auf der vierten geschlossenen Seite gegen Osten steht folgende Hauptinschrift:

Seiner vollendeten
ewig geliebten Gemahlin
Catharina Pawlowna
Großfürstin von Rußland
hat
diese Ruhestätte erbaut
Wilhelm
König von Würtemberg
im Jahre 1824.

Das Innere der Kapelle ist edel und einfach. Das Licht fällt von oben durch die Kuppel herein. In 4 Nischen stehen die vier Evangelisten in cararischem Marmor etwas über Lebensgröße: Johannes, von Dannecker, Lukas, von Wagner unter Thorwaldsons Leitung, Marcus, von Zwerger, und Matthäus, von Leeb, beyde nach Thorwaldsons Entwurfe ausgeführt. In tiefer stiller Gruft, zu der eine verschloßene Treppe hinabführt, ruhen die irdischen Überreste der unvergeßlichen Fürstin, in einem schönen, in Italien gearbeiteten Sarkophage. Zwey griechische Geistliche, ein Priester und ein Sänger, deren Wohnhaus nicht weit von der Kapelle erbaut ist, versehen den üblichen Gottesdienst in der Kapelle.

Der Ernst der Betrachtungen, wozu diese feyerliche Stätte einladet, wird freundlich gemildert und erheitert durch den Anblick der Natur, den man bey dem Austritt aus der

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt194.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)