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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Sommeraufenthalt, eine Auszeichnung, die der Sitz auch nachher nach dem Regierungsantritt Sr. M. des Königs noch einige Sommer genoß. Durch die noch schönere Lage des Kahlensteins angezogen, hatte König Friedrich den Entschluß gefaßt, auf demselben ein Lustschloß zu bauen. Risse und Überschläge waren fertig, und der Platz bereits ausgesteckt, als der Ausbruch eines neuen Kriegs nach der Rückkehr Napoleons von Elba im Jahr 1815 das Unternehmen wieder rückgängig machte. Indessen ließ Friedrich an und auf dem Berge verschiedene Anlagen machen, wodurch der Genuß der schönen Aussicht auf demselben sehr gefördert wurde. Am 3. Mai 1815 genoß der König auch das seltene Vergnügen, sich dieser Aussicht mit zwei Kaisern und einer Kaiserin, dem Kaiser Franz von Östreich, dem Kaiser Alexander von Rußland und der verstorbenen Gemahlin des erstern, zu erfreuen. Zuletzt ließ Friedrich noch den auf der Höhe hinter Bellevue stehenden Pavillon erbauen, starb aber noch ehe er vollendet war.

Was König Friedrich auf dem Kahlenstein aufgegeben hatte, das führte sein Thronfolger, König Wilhelm, gleichwohl nach andern Planen, aus, indem er den jetzigen Landsitz schuf, dem er den Namen Rosenstein beylegte. Das Werk wurde nach den Planen und unter der Leitung des Königl. Hofbaumeisters Salucci und des Königl. Ober-Hofgärtners Bosch ausgeführt. Nachdem der König vom Jahre 1817 an sämmtliche Güterstücke auf dem Berge von mehr als 500 Eigenthümmern hatte zusammenkaufen lassen, wurde der Anfang 1822 mit den Grabarbeiten gemacht, um dem Berg diejenige Hügelform zu geben, die er jetzt hat. Das Landhaus wurde von 1824 bis 1829 erbaut, die Grabarbeiten aber dauerten bis 1831 fort.

Von dem Umfange dieser Arbeiten kann sich nur derjenige eine Vorstellung machen, der den Berg in seiner früheren Gestalt gekannt hat. Der Berg fiel auf beiden Seiten, besonders aber gegen den Neckar in sehr schroffen, zum Theil kahlen und felsigen Wänden ab, woher er denn auch

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt122.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)