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stand noch vor etwa 40 Jahren ein Thurm mit einer Wächterwohnung, welcher bedeutend höher als die Burg lag und dieser ohne Zweifel als Wartthurm diente.

An dem alten Calwer Weg (auch Calwer Gäßle genannt), der von Zavelstein an dem bei Sommenhardt angeführten sog. Klösterle vorbei nach Calw führte, steht nahe bei Zavelstein ein steinernes Kreuz, auf dem eine Pflugschaar abgebildet ist. Etwa 1/8 Stunde weiter von dieser Stelle gegen Calw hin steht ebenfalls ein steinernes Kreuz, auf dem eine Kunkel mit herabhängender Spindel abgebildet ist; der Querbalken desselben enthält die Inschrift: Anno domini 1447. Nach einer glaubwürdige Nachricht von Martin Crusius (Annal. Suev. pars 3, 387) soll hier in dem kalten Winter 1447 eine arme Spinnerin im Schnee erstickt sein.

Eine besondere botanische Merkwürdigkeit ist das Vorkommen des wilden Safrans (Crocus vernus). Der prachtvolle Anblick der Blüthe dieser schönen Pflanze, welche zwar auf den Voralpen der Schweiz, Baierns und Österreichs häufig vorkommt, aber bis jetzt in Schwaben nirgends aufgefunden wurde, als bei Zavelstein, lockt jedes Frühjahr zahlreiche Besucher aus der Umgegend nach Zavelstein. Die Blüthe beginnt gewöhnlich in der Mitte des März oder noch früher, in späten Frühjahren aber erst im April und dauert 2–3 Wochen. Wenn man von Calw auf dem gewöhnlichen Weg nach Zavelstein geht, so kommt man, ehe man das Ende des Waldes erreicht, an eine vom Wald eingeschlossene angebaute Fläche, die Waldäcker genannt, auf welcher man Hunderte von Crokusblüthen findet. Hat man den Wald verlassen und nähert sich Zavelstein, so sieht man auf den Wiesen rechts und links vom Wege diese Blumen theils einzeln, theils in kleinen Gruppen stehen, und ebenso findet man sie weiter westlich an dem Wege nach Röthenbach. Schlägt man aber anstatt des gewöhnlichen Weges den alten, mehr östlichen, jetzt beinahe verlassenen Fußweg ein, so kommt man am Ende des Waldes an Wiesen (in der Nähe des Kreuzes der Spinnerin), wo der Crokus zu Tausenden blüht. Geht man endlich am Kirchhof von Zavelstein vorüber zu den an der östlichen Seite des Zavelsteiner Berges dicht unter der alten Stadtmauer und den Burgruinen gelegenen Wiesen, so sieht man sie, besonders bei heiterem Sonnenschein, schon aus einiger Entfernung wie mit einer blauen Sammtdecke überzogen, und beim Näherkommen findet man sie von Tausenden dieser schönen Blumen im schönsten Farbenspiel vom Schneeweiß bis zum Dunkelviolett bedeckt. Die Zavelsteiner Crokus sind nicht nur viel größer, üppiger als die der Voralpen, sondern sie haben auch viel lebhaftere Farben. Einzelne sind ganz weiß, häufiger sind aber weiße mit violetten Flecken am Grunde der Lappen der Blumenkrone, noch häufiger weiße mit feinen, äußerst zierlich geaderten violetten Zeichnungen, bei weitem die

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_371.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)