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Liebenzell,
Gemeinde II. Kl. mit 914 Einw., wor. 8 Kath. a. Liebenzell, Stadt, mit Papiermühle und 2 Spinnereien. b. Oberes Bad. c. Unteres Bad. d. Kaffeehaus. e. Kupferhammer. f. Maisenbacher Sägmühle. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Weil d. Stadt, O.A. Leonberg, eingepfarrt.


Die Stadt Liebenzell[1] liegt unter 26° 23′ 41,09″ östlicher Länge und 48° 46′ 28,61″ nördlicher Breite, 11/2 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt. Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt an dem unteren Badgebäude 1113 Württ. Fuß. Sie ist der Sitz eines Revierförsters, eines Amtsnotars und eines Stadt- und Badearztes; auch befindet sich ein prakticirender Arzt und eine Apotheke daselbst.

Der unregelmäßig gebaute, mittelgroße Ort hat eine äußerst freundliche, geschützte, übrigens meist unebene Lage, theils an einem Bergausläufer des zwischen dem Nagoldthale und dem Längenbachthälchen sich hinziehenden Schloßberges, theils in den Ebenen dieser Thäler und gewährt mit den hinter dem Ort sich erhebenden, großartigen Ruinen der Burg Liebenzell eine äußerst malerische Ansicht.

Das ummauerte Städtchen, den nordwestlichen Theil des Orts bildend, ist sehr klein und war ursprünglich nur ein aus 17 Gebäuden bestehender Weiler, in welchem neben einzelnen Bürgern vorzugsweise die Beamten wohnten; gegenwärtig besteht dasselbe aus 22 gedrängt stehenden Gebäuden. Das Städtchen hatte 2 Thore mit Thürmen, von denen das sogen. untere Thor in der Nähe des gegenwärtigen Rathhauses und das obere am westlichen Ende des Städtchens stand; sie wurden nach dem Brande, welcher vom 23. auf den 24. Juni 1785 das ganze Städtchen in Asche legte, abgebrochen, dagegen sind die Stadtmauern mit Zwinger größtentheils noch gut erhalten. In Folge des Neubaues, behufs dessen am 21. Nov. 1785 eine Brandcollecte ausgeschrieben wurde, sind die Gebäude in dem eigentlichen Städtchen ziemlich ansehnlich und gut erhalten.

Die theils weitläufig, theils gedrängt und unregelmäßig gebaute


  1. Literatur Hieronymus Walch, Physikus zu Calw, eigentliche und gründliche Beschreibung deß uhralten heilsamen minerischen Bads bey Lieben-Zell. Stuttg. 1668. 16. J. A. G. (Joh. Albrecht Geßner.) Historisch-physikalische Beschreibung des Bads Liebenzell. Stuttg. 1748. 8. J. A. Hartmann, Liebenzell nach dem Ergebniß einer 19jährigen Erfahrung beschrieben. Stuttg., 1852. 8. In Verbindung mit Wildbad: Joh. Gaertner de thermis ferinis at que Zellensibus physico-medice consideratis (diss. praes. Jo. Zeller). Tubing. 1729. 4.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_256.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)