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wurde der Überlieferung zufolge (denn das Document ist bei Zerstörung der Stadt zu Grunde gegangen) von Kaiser Leopold der Zunft verliehen, weil bei der Belagerung Wiens durch die Türken ein Bäckergeselle aus Calw während seiner nächtlichen Arbeit die unterirdischen Arbeiten der türkischen Minirer belauschte und rechtzeitig so genaue Anzeige machte, daß schnell Gegenarbeiten gemacht werden konnten, welche die Stadt Wien retteten. Der Kaiser ertheilte hierauf der Calwer Bäckerzunft das Privilegium, daß an ihrem Jahrestage die große Glocke von 12 bis 1 Uhr Mittags geläutet werden durfte. Dieses Ehrengeläute ist neuerdings oberamtlich auf eine Viertelstunde beschränkt worden.

Über den sogen. Eselsritt und den Hahnentanz zu Teinach siehe die Ortsbeschreibung von Teinach.

In vielen Orten, vorzugsweise in Unter-Haugstett, Monakam, Ottenbronn etc., ist es Sitte, vor den Häusern Hollunderbäume zu ziehen, die zur Blüthezeit den ganzen Ort mit Wohlgeruch erfüllen.

Die solide ländliche Kleidertracht ist noch ziemlich allgemein und hat sich insbesondere in den abgelegenen Waldorten noch gut erhalten, während sie in den Städten, Bädern und in Orten, die an frequenten Landstraßen liegen, der städtischen und halbstädtischen Tracht gewichen ist. Aber auch die ländliche Tracht ist insofern verschieden, als sie sich auf der rechten Seite des Nagoldthales mehr der Tracht des Unterlandes und hauptsächlich der des Gäus nähert, während auf der linken Seite des Thals die Schwarzwäldertracht auftritt. Erstere besteht bei den Männern in dem dreispitzigen Hut, meist blauen Tuchröcken, den Sommer über auch in Zwilchröcken, schwarzen oder gelben Lederhosen, Brusttüchern von dunklem Manchester mit gewöhnlichen oder Rollknöpfen, nicht selten auch noch, besonders in Deckenpfronn, Dachtel und Gechingen in rothen Brusttüchern mit enge besetzten Rollknöpfen; die ledigen Bursche tragen häufig die pelzverbrämte, mit goldener Trottel versehene Mütze und statt des Rocks ein tuchenes Wamms. Die weiblichen Personen sind meist dunkel gekleidet, tragen reich gefältelte Wilflingröcke und als Kopfbedeckung das deutsche Häubchen, den Sommer über nicht selten den Strohhut. Auf der linken Seite des Nagoldthales, hauptsächlich in den eigentlichen Waldorten ist die Volkstracht folgende: neben dem ziemlich allgemeinen dreispitzen Hut wird auch, besonders an Werktagen der Schlapphut getragen, der blaue, nicht selten weiß ausgeschlagene Tuchrock hat eine kurze, breite Taille und ist mit großen, platten Metallknöpfen nicht nur vornen, sondern auch an den Batten und Ärmelaufschlägen reich besetzt. Die kurzen Hosen sind von

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 052. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_052.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)