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und von kräftigem Körperbau, jedoch macht sich der Unterschied bemerklich, daß die Bewohner der ärmeren Wald- und Thal-Orte ein mehr herabgekommenes, verkümmertes Aussehen, kleineren Wuchs und eine blässere, kränkliche Gesichtsfarbe zeigen, während die Bewohner der wohlhabenderen Ortschaften, insbesondere der Gäuorte, sich durch einen hohen Wuchs, blühendes, kräftiges Aussehen, und nicht selten durch wirkliche männliche und weibliche Schönheit auszeichnen. Dem entsprechend ist die körperliche Entwicklung der männlichen und weiblichen Jugend bei diesen eine normale, bei jenen häufig eine verspätete.

Der Volkscharakter ist im Allgemeinen gut und mit wenig Ausnahmen trifft man aller Orten vielen Fleiß, Sparsamkeit, Sinn für Religion, der sich in einzelnen Orten bis zum strengen Pietismus steigert, und deutsche Biederkeit. In den eigentlichen Waldgegenden sind die Leute in Folge ihrer vielen Beschäftigungen in den Wäldern einfach, einsilbig, schlicht, jedoch etwas rauh von Sitten, übrigens gutmüthig und ordnungsliebend; auch die Flößer, deren es namentlich in Unter-Reichenbach viele gibt, haben, ebenfalls in Folge ihrer harten, anstrengenden Beschäftigung, eine gewisse Derbheit, die übrigens selten in eigentliche Rohheit ausartet. Von der Thalmühle an bis Hirschau bildet die Nagold die Grenze zwischen den Gäubewohnern und den Schwarzwäldern, von da an macht sich auch der geologische und im Zusammenhang damit der Vegetations-Unterschied auffallend geltend. Die Bewohner von Ottenbronn, Unterhaugstett und Monakam sind ächte Schwarzwälder, während die Möttlinger, dem Muschelkalk angehörig, wahre Gäubauern sind, die sich durch Beweglichkeit, Anständigkeit und offenes Wesen mehr den Unterländern anschließen.

Die Nahrung der Bezirksbewohner besteht im Allgemeinen in rauhen Speisen, viel Sauerkraut (Sonntag und Donnerstag regelmäßig), Kartoffeln, Blätterkohl, Haferbrei, Schweinefleisch, sehr viel Milch etc.; besonders gilt dem Waldbauren ein Stück geräucherten Specks mit Roggenbrod für ein treffliches Mahl. Von Getränken wird Wein, Most und besonders Branntwein, namentlich der unter dem Namen Hobeerschnaps bekannte Heidelbeergeist genossen. In neuerer Zeit findet auch das Bier immer mehr Eingang. Bemerkenswerth ist die Aufeinanderfolge der verschiedenartigsten Gerüchte bei einer sogenannten Metzelsuppe auf dem obern Wald, sie ist folgende: 1) Kesselbrühsuppe, 2) Schweinefleisch und Brod, 3) Sauerkraut und Schweinefleisch, 4) gekochte Birnenschnitze mit Schweinefleisch, 5) Reisbrei, 6) süße oder gestandene Milch, zuweilen auch Zieger. Überhaupt bildet im Allgemeinen den Schluß des Mahls, auch des

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 048. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_048.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)