Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Eberstadt aufgehoben und ein eigener ständiger Pfarrverweser aufgestellt wurde, als Pfarrkirche dient. Merkwürdig ist diese kleine Kirche durch eine starke eiserne Kette, welche rundum in einer Höhe von 9′ ihren unteren Stock umschließt. Über ihren, zuverlässig weit über das Reformationszeitalter hinaufreichenden Ursprung sind im Munde des Volkes nur Sagen vorhanden. Die wahrscheinlichste ist diejenige, welche diese Kette mit dem Schutzheiligen der kleinen Kirche (Kapelle) in Verbindung bringt.

Von diesem Schutzpatronen, dem heil. Leonardus, steht noch jetzt in einer südwestlichen Nische des Chors ein in Holz geschnitztes 41/2′ hohes Bild, ebenfalls mit einer Kette, die von der Schulter herabhängt und an welcher vorne ein Vorhangschloß ist. Dieser h. Leonardus war der Schutzpatron der Gefangenen, worauf die an ihm hängende Kette hinweist.

Eine andere Sage verbindet hiemit auch noch eine unter dem Altar der Kirche befindliche Quelle, welche besondere Heilkraft für Pferde gehabt haben soll. Jedes der geheilten Pferde habe ein Hufeisen zurücklassen müssen und aus diesen Eisen habe die Pietät nach und nach die Kette als Weihgeschenk für den heil. Leonardus schmieden lassen. Die Quelle enthält übrigens gewöhnliches Wasser und verdankte ihren Sagenruhm wohl mehr dem wunderthätigen Leonardus, als ihren mineralischen Bestandtheilen. Wichtig für letztere Sage ist die Nachricht in „Titot’s Beschreibung der evangel. Hauptkirche in Heilbronn“ 1833. Seite 12, daß sich unter den früheren 20 Altären der Kilianskirche ein dem heil. Leonardus geweihter befunden habe, welchem Heiligen Fuß- und Pferdeeisen geopfert worden seyen, so daß man bei Aufschließung des Altars im Jahr 1531 eine große Menge solcher Eisen gefunden habe.

Durch die oben erwähnte, in ihrem kleinen Umfang befindliche Quelle (welche jetzt abgeleitet ist), und durch ihre etwas sumpfige Umgebung ist die Kirche so feucht, daß die kleine, im Jahr 1845 angeschaffte und in ihren kleinen Chor gesetzte Orgel bald Noth litt.

Für die kleine Gemeinde gewährt die Kirche ziemlich hinreichenden Raum.

Ihr Styl ist der altgermanische, mit 5 rundbogigen Fenstern auf beiden Seiten ohne Füllung, mit einem spitzen Triumphbogen zwischen dem Schiff und 6eckigem, mit einem Netzgewölbe gedecktem Chor, dessen drei spitzbogige Fenster eine Füllung haben, und mit einem rundbogigen niedern Eingangsthörlein auf der Westseite.

Über der Spitze des Triumphbogens ist ein altes Crucifix angebracht. Taufstein ist keiner da.

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_241.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)