Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sich mit dem Zipfelbachthälchen zwei weitere namenlose Thälchen vereinigen. Der kleinere Theil des Ortes ist an einen Hügel hingebaut; auch ist er sonst von allen Seiten mit Hügeln umgeben. In den vorüberfließenden Zipfelbach tritt nahe bei dem Dorfe der Horgenbach ein. Die Luft ist feucht, die Gegend aber sehr schön und der Boden fruchtbar und mit Wasser hinlänglich versehen. Der große Zehente von der ganzen Gemeinde steht theils dem Staat und theils dem Ortsheiligen, der Weinzehente dem ersteren allein zu. Der Heu- und kleine Zehente gebührt der Pfarrei. Der Staat bezieht noch jährlich: 20 fl. und 390 Scheffel Früchte nach Rauhem vom großen Zehenten, 812 fl. vom kleinen, 103 fl. vom Wein- und 40 fl. 25 kr. vom Noval-Zehenten, sowie 154 fl. Surrogatgelder, ferner 8 kr. und 161 Scheffel Früchte nach Rauhem an Lehengefällen und 3 Simri Frucht an Landachten. Außerdem bezieht die Gemeinde Neckarrems jährlich 18 Imi Bodenwein in Geld.

Die Gemeinde zählt 147 Haupt- und 116 Neben-Gebäude. Die Kirche zum heil. Ulrich steht mitten im Ort, zunächst dem Rathhause, rings mit dem längst verlassenen und mit einer Mauer umfangenen Kirchhof umgeben. Ihr Alter ist unbekannt, Bauart und Zustand sind gut; Thurm und Kirche wurden am 17. Mai 1790 vom Blitz getroffen, der beide um 2500 fl. beschädigte. Nun wurde der ansehnliche Thurm mit Blech gedeckt. Die Kirche ist Eigenthum der Stiftungspflege, welche dieselbe auch unter Concurrenz der Gemeinde zu erhalten hat. In derselben sind mehrere Grabmäler der Herwart, Nettelhorst u. s. w. Bemerkenswerth ist namentlich jenes des Hans v. Bernhausen, in einem in Stein gehauenen gerüsteten Ritter bestehend. Das vom Staat zu unterhaltende Pfarrhaus liegt ziemlich entfernt, hoch und von allen Seiten frei. Eine ältere Capelle dient längst zu landwirthschaftlichen Zwecken. Nahe bei der Kirche steht das 1847 von der Gemeinde erbaute, ansehnliche, dreistockige Schulhaus. Das vormalige Schlößchen im Dorf ist seit dem Tode des letzten, 1770 gestorbenen Nettelhorst im Besitze von Bauern. Der außerhalb des Ortes gelegene Begräbnißplatz wurde schon im Jahr 1618 angelegt. In der Stiftungspflege sind die Einkünfte der beiden Heiligen St. Ulrich und Maria Capell (wohl der zuvor erwähnten) vereinigt.

Die Einwohner (1792 – 758) haben ihr ordentliches Auskommen. Erwähnenswerth ist, daß der Vater Friedrichs v. Schiller, Johann Caspar Schiller, dessen Vater hier Gerichtsverwandter und Bäcker war, am 27. October 1723 in Bittenfeld geboren wurde. Bittenfeld zählt die meisten Geburten (s. S. 35).

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWaiblingen0122.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)