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für Zehnten die Finanz-Verwaltung 300 fl. 31 kr., die Grundherrschaft 680 fl. 29 kr.


Roßwaag,
Gemeinde III. Kl. mit 815 Einw. a. Roßwaag, Pfarrdorf mit 809 Einw. b. See-Mühle 6 Einw. – Evang. Pfarrei.

Der nicht große Ort liegt etwas abhängig am Fuße eines steilen, mit Reben bepflanzten Thalabhanges, der sich amphitheatralisch um einen schönen Bogen, den hier die Enz beschreibt, wendet. Durch diese hohe Bergwand vor rauhen Nordwinden geschützt, dagegen gegen Süden offen und den Sonnenstrahlen sehr zugänglich, ist die Lage des Orts eine äußerst freundliche und milde; nur die Ausdünstung der ganz nahe, an der Westseite vorbeifließenden Enz, verursacht nicht selten Nebel. Auch schaden zuweilen Frühlingsfröste den tieferen Weinbergen und den im Thal stehenden Obstbäumen. Hagelschlag kommt ziemlich häufig, übrigens nur strichweise vor. Das enge zusammengebaute, mit reinlichen, durchaus gekandelten Straßen versehene Dorf, gewährt mit seiner im südlichen Ortstheile gelegenen, hervorragenden Kirche eine freundliche, malerische Ansicht; die durchgängig ländlichen Wohnungen sind von mittlerer Größe und mit steinernen Unterstöcken versehen.

Die ansehnliche Pfarrkirche, welche von der Stiftungspflege zu unterhalten ist, wurde nach einer an einem Strebepfeiler des Chors angebrachten Jahrszahl 1495 erbaut, und trägt noch manche Spuren ihrer früheren germanischen Bauweise, die sich namentlich an dem mit einem halben Achteck schließenden, und mit germanisch gefüllten Spitzbogenfenstern versehenen Chor, noch unverdorben erhalten hat. Der an der Westseite stehende Thurm ist in seinen unteren Theilen viereckig und scheint weit älter als die gegenwärtige Kirche zu sein; gegen oben geht er in ein Achteck über, das nach einer, am obersten Stockwerke angebrachten Jahrszahl, erst im Jahr 1594 aufgesetzt wurde. Auf dem Thurme, der ein schlankes, spitzes, mit Schiefer gedecktes Zeltdach trägt, hängen zwei Glocken, von denen eine 1455, die andere 1852 gegossen wurde. Das unterste Stockwerk des Thurms enthält ein Kreuzgewölbe, auf dessen Schlußstein ein Wappenschild mit einem Kreuze angebracht ist. Das Innere der Kirche ist freundlich und enthält einen im germanischen Geschmack gut gearbeiteten Taufstein; von dem Langhause führt ein spitzer Triumphbogen zu dem Chor, dessen wohl construirtes Netzgewölbe als Schlußsteine leere Wappenschilde enthält, die ohne Zweifel früher

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0220.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)