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und hiedurch nicht nur die Kirche freigestellt, sondern auch die Straße namhaft erweitert wurde.

Eine besondere Zierde des Dorfs ist die ansehnliche, im spätgermanischen Style erbaute Pfarrkirche zum heil. Martin, mit ihrem an der Westseite stehenden 124′ hohen Thurme, der in seinen unteren Theilen bis zu einer Höhe von 32′ ein Viereck bildet, gegen oben aber in ein regelmäßiges, mit schlankem Zeltdach versehenes Achteck übergeht. Das Langhaus, wie der Chor, ist mit Strebepfeilern versehen, zwischen denen spitzbogige Fenster angebracht sind, deren Füllungen an dem Langhause ausgebrochen worden, und nur an den Chorfenstern und an den acht spitzbogigen Schalllöchern des Thurms noch in ihrer ursprünglichen Reinheit erhalten sind. Die Außenseiten der Kirche sind mit Grabdenkmalen aus dem 16. und 17. Jahrhundert (das älteste von 1553) geziert.

Das durchaus weiß getünchte Innere der Kirche hat nichts Bemerkenswerthes; von dem Langhaus führt ein spitzer Triumphbogen in den Chor, welches mit einem Netzgewölbe gedeckt ist, dessen beide Schlußsteine einen leeren Wappenschild und den heil. Martin, wie er mit dem Bettler seinen Mantel theilt, vorstellen. Die Kirche ist Eigenthum der Stiftungspflege, welcher auch die Unterhaltung derselben obliegt.

Der am Ende des Orts gelegene, mit einer Mauer umgebene Begräbnißplatz wurde im Jahr 1842 namhaft erweitert.

In ziemlicher Entfernung von der Kirche steht das dem Staat gehörige Pfarrhaus, das im Jahr 1843 bedeutend erneuert wurde, und in der Mitte des Orts zunächst der Kirche das Rathhaus, ein großes, altes, übrigens gut erhaltenes Gebäude, welches an die mit vier Bäumen versehene Gemeindekelter angebaut ist; letzterer wurde im Jahr 1852 ein weiterer Stock aufgebaut und in demselben zwei Lehrzimmer nebst der Wohnung eines Unterlehrers eingerichtet, so daß sich jetzt Schule, Rathhaus und Kelter unter einem Dache befinden und zusammen ein imposantes, über alle übrigen Häuser hervorragendes Gebäude bilden. Überdieß ist noch das ältere Schulhaus vorhanden, welches zugleich die Wohnung des Schulmeisters enthält. An den Schulen unterrichten ein Schulmeister, zwei Unterlehrer und ein Lehrgehilfe, auch besteht schon seit 30 Jahren eine Industrieschule. Außerhalb des Dorfs wurde im Jahr 1817 ein Gemeinde-Back- und Waschhaus errichtet.

Gutes Trinkwasser liefern in hinreichender Menge zwei laufende und vier Pumpbrunnen; von den laufenden ist der sog. Postbrunnen mit seinem steinernen Stock, zwei Delphine, welche die aufwärts gekehrten, fischartigen Leiber in einander schlingen vorstellend,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)