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Die Kirche wurde von Graf Eberhard im Bart mit der Bestimmung zu einer Stifts-Kirche in den Jahren 1479 bis 1499 gebaut. Es ist also entweder der Kirchenstuhl Eberhards älter als die Kirche, oder diese in dem bemerkten Zeitraum nicht von Grund aus neu gebaut worden. Übrigens stand der Grafenstuhl vor Zeiten in dem Schiff der Kirche, und wurde erst 1748 in den Chor versetzt. Der Kirchthurm wurde nach einer Inschrift erst 1481 angefangen. Die vorzüglichsten Hülfsquellen zu dem Bauwesen wurden ein Ablaßbrief vom Papst Sixt. IV. im Jahr 1479, und eine geweihte goldene Rose, womit derselbe Papst im Jahr 1482 den Grafen Eberhard zu Rom nebst einem Ablaß auf zehn Jahre, für Alle, welche an Lätare und Oculi der Rose zu Lieb die Kirche besuchen, beschenkt hatte. Im Verlaufe der Zeit wurde die Kirche einigemal renovirt. Durch den Aufflug einer Pulvermühle im Jahr 1707 litt sie bedeutenden Schaden; das Gewölbe bekam über 100 Risse, und nur die Festigkeit des Baues hinderte, daß es nicht ganz zusammenstürzte. In dieser Kirche wurde auf Befehl des Herzogs Ulrich im Jahr 1537 ein Colloquium zwischen den Theologen Brenz, Schnepf, Blarer, Phrygio, Aulber u. a. wegen der Bilder in den Kirchen gehalten, worauf der Herzog die Wegnehmung aller Bilder aus den Kirchen entschied.

3) Das Seminar. Es ist dasjenige Gebäude, das früher der Mönchshof genannt wurde, und einst Sitz des Chorherren-Stifts war. Nach den Inschriften, die sich daran befunden haben, wurde es von Graf Eberhard im Bart 1477 und in den folgenden Jahren, also zu gleicher Zeit mit der Kirche gebaut. S. u. Man nannte es bis auf die neuesten Zeiten Mönchshof, ohne Zweifel zur Unterscheidung von Kloster, wie man sonst die Häuser, worin die Geistlichen bey einer Kirche zusammen wohnten und zuletzt die Kirchen selbst Münster (Monasteria im Gegensatz gegen claustra) nannte.

Nach Aufhebung des Stifts erfuhr das Gebäude mancherley Veränderungen. Zuerst wohnten beide evangelische

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_104.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)