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Vicinalstraßen gehen von hier nach Kirchentellinsfurth, Oferdingen, Mittelstadt, Neckar-Tenzlingen und Gniebel. Zwei steinerne von der Gemeinde zu unterhaltende Brücken führen über den Häringswiesenbach und über den Merzenbach.

Die Einwohner, besonders die Männer, ein schöner kräftiger Schlag, erreichen nicht selten ein hohes Alter (der älteste Ortsbürger zählt gegenwärtig 86, und mehrere bald 80 Jahre); sie sind fleißig, betriebsam, geordnet, auch fehlt es ihnen nicht an kirchlichem Sinne. Ihre Volkstracht ist verschwunden, was darin seinen Grund hat, weil sehr viele Ortsangehörige auswärts, namentlich in Städten, arbeiten.

Erwerbsquellen sind Feldbau, Viehzucht und etwas Weinbau; doch leben die meisten Bürger durch Arbeit in den großen weitberühmten Steinbrüchen auf hiesiger Markung, oder sie suchen als Maurer, Ipser, Steinhauer und Zimmerleute auswärts, namentlich auch im Elsaß und in der Schweiz, ihr Auskommen. Genannte Steinbrüche, herrlicher weißer Keupersandstein, liefern Bausteine weithin, bis zu den Dombauten von Ulm und Köln, ferner unzählige Mühlsteine, hauptsächlich nach der Schweiz. Ganz Reutlingen samt seiner Marienkirche soll von den Pliezhauser Steinen erbaut sein. Handel mit Fegsand wird ebenfalls getrieben.

Außer den schon angeführten Gewerben arbeitet kein anderes nach außen; vier Schildwirthschaften, zwei Kauf- und zwei Kramläden bestehen.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren; der begütertste Bürger besitzt etwa 30, der Mittelmann 12–14 Morgen, die ärmere Klasse 1 Morgen oder auch gar kein Grundeigenthum.

Bürger von den Nachbarorten haben viele Güterstücke auf hiesiger Markung inne.

Die Bodenverhältnisse der mittelgroßen Markung sind zwar ziemlich verschieden, jedoch im allgemeinen fruchtbar, zum Theil sehr fruchtbar; sie bestehen hauptsächlich aus Lehm, dem zuweilen eine günstige Beimengung von Sand zukommt. Zur Besserung des Bodens verwendet man, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, auch Asche und Gips.

Das Klima ist mild, doch schaden zuweilen Frühlingsfröste den feineren Gewächsen und der Obstblüthe. Hagelschlag kommt selten vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Brabanter Pflug, Walze, eiserne Egge, Repssämaschine) gut und umsichtig betrieben.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_454.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)