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Gedächtniß des Abts Lupold von Eßlingen, † 1300, und seines Bruders, des Abts Ulrich, † 1320. Außer diesen sieht man hier noch einige fast gänzlich zerstörte Epitaphien. Die Grabesinschrift der frommen Haila von Reutlingen, welche nach den Annales Bebenhusani nebst ihrer Großmutter hinter dem Hochaltare bestattet wurde, ist dicht an der Erde und halb verdeckt von dem großen südlichen Strebepfeiler der Chorecke. Man liest noch: t haila de (Ruteli) ngen .... et ava eius (hanc) (ca) pellam in p(orta) c(onstruxit.) Nördlich von der Kirche und getrennt von ihr liegt der zweite, ebenfalls ummauerte Friedhof.

Das Herrenhaus, östlich vom eigentlichen Kloster gelegen und durch den zweistockigen spätgothischen Gang damit verbunden, ward laut der lateinischen Inschrift an seiner Südwestecke 1532 von Abt Johann von Fridingen errichtet und ist ein zweistockiges Steinhaus mit zierlichen, geradegestürzten, gedreiten Fenstern. Im Erdgeschosse tragen elf eichene Achteckspfeiler (früher waren es sandsteinerne, wovon sich noch einige Trommeln erhielten) das starke Gebälk; unter dem Boden dehnen sich die großen, gewölbten Klosterkeller aus. Erleuchtet wird dieses Erdgeschoß durch große, rechteckige Fenster an der westlichen Wand und durch schmale, tiefe, gedrücktspitzbogige an der östlichen. Die Form dieser Fensterchen, wie auch die häufig an ihnen vorkommenden Steinmetzzeichen beweisen, daß die Ostwand aus der letzten Zeit der ersten Anlage herrührt. Den südlichen Theil des Erdgeschosses nimmt die jetzige Winterkirche ein, ein freundlicher, rechteckiger Raum. An der Westseite des Herrenhauses baut sich ein halbachteckiger, steinerner Treppenthurm an, dessen Wendeltreppe in den oberen Stock führt, in Gelasse, die theilweise noch Vertäfelungen aus der Renaissancezeit haben und jetzt für die Schule und den Schullehrer eingerichtet sind. Die jetzige Schule, ein nach den noch vorhandenen Inschriften früher mit Bildern aus der Geschichte Davids gezierter Raum, auf der Südseite, heißt in den alten Beschreibungen das Fürstengemach. Es wurde, laut einer Inschrift, erst im September 1550 durch den Abt Sebastian Lutz vollendet. Nordwärts vom Herrenhause stehen noch einige alte steinerne Gebäude, zunächst der Kloakenraum, weiterhin das Bandhaus (die Küferwerkstätte), Scheunen und Stallungen u. s. w.

Östlich vom Herrenhaus erhebt sich über dem Hofe, mit der östlichen Umfassungswand auf der Ringmauer ruhend, die sogenannte Speisung, ein großes, dreistockiges Wohnhaus, jetzt der Frau Kanzleirath Kapf gehörend. Es ist ohne Zweifel das frühere Krankenhaus

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_339.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)