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Die wissenschaftlichen Institute der Universität haben in den letzten Jahrzehnten ihre jetzige Ausbildung erhalten. Das bedeutendste derselben ist die Universitätsbibliothek. Ihr Anfang wurde im Jahr 1534 durch den Brand des sogenannten Sapienzhauses ein Raub der Flammen; erst mit dem Jahr 1563 wurde eine neue Büchersammlung anzulegen begonnen, ihr Wachsthum schritt aber sehr langsam vorwärts, da nur 100 fl. jährlich dafür ausgesetzt waren. In’s Jahr 1583 fällt das Vermächtnis der v. Gremp’schen Bibliothek, welche besonders aufgestellt ist und mit einem jährlichen Etat von 300 fl. vermehrt wird. 1751 wurde der Bibliotheketat auf 800 fl. erhöht und 1774 die Anordnung getroffen, daß die in den unteren Räumen des Universitätshauses aufgestellte Bibliothek zweimal in der Woche, von 2–5 Uhr Nachmittags, für die Studirenden geöffnet werden sollte. Da aber kein heizbares Lesezimmer vorhanden war, so war die Benützung Winters sehr erschwert. Im Jahr 1819 wurde der Rittersaal im nördlichen Flügel des Schlosses für die Aufstellung der Bibliothek angewiesen, und durch Ankauf mehrerer größerer Privatbibliotheken der Büchervorrath ansehnlich vermehrt. Eine neue Epoche begann für die Bibliothek 1836, in welchem Jahre Robert Mohl Oberbibliothekar wurde, als welcher er bis zum Jahre 1844 eine Reihe zweckmäßiger Reformen ausführte. Der Geschäftsgang der Verwaltung wurde neu geordnet, ein neuer Realkatalog angelegt, ein weiterer Bibliothekar, zwei Gehülfen und ein zweiter Diener angestellt; die Kanzleistunden und damit die Zugänglichkeit der Bibliothek auf 6 Stunden täglich erweitert und eine Anzahl weiterer Räume für Bücheraufstellung in Anspruch genommen. Allmählich verbreitete sich die Bibliothek auf drei Flügel des Schlosses und es kamen ihr auch mehrere werthvolle Schenkungen zu gut; wie z. B. die Bibliothek des Göttinger Oberbibliothekars Reuß im Jahr 1837 und durch Vermächtniß des 1846 verstorbenen Rechtskonsulenten Ludwig Friedrich Griesinger dessen bedeutende juristische Bibliothek. Der jährliche Etat für Bücheranschaffung wurde erhöht und beläuft sich jetzt auf 8000 fl. Die Hälfte dieser Summe wird nach Vorschlägen der Fakultäten, die andere Hälfte durch den Oberbibliothekar verwendet. Die Katalogisirung hat dadurch einen bedeutenden Fortschritt gemacht, daß nicht nur seit 1851 die jährlichen Zuwachsverzeichnisse durch den Druck veröffentlicht werden, sondern auch seit 1854 der Hauptkatalog allmählich dem Druck übergeben und durch Nachträge fortwährend ergänzt wird. Die Zahl der Bände übersteigt jedenfalls 300.000. Neben der Bibliothek haben auf dem Schlosse auch noch einige andere Institute

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_307.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)